In diesem Blogbeitrag suchen wir nach Friedrich Wilhelm IV. in Sanssouci. Wir wollen die Footprints entdecken, die der preußische König dort hinterlassen hat. Von einem König, der immer von sich behauptet hat, kein großer Regent zu sein. Im politischen Sinn mag das vielleicht stimmen. Aber nicht aber aus künstlerischer Sicht. Denn kein anderer preußischer König hat nach dem Schöpfer des Parks, Friedrich II., Sanssouci so sehr geprägt wie der Romantiker auf dem Thron. Also … lasst uns auf Spurensuche im Park Sanssouci gehen.

1. Schloss Charlottenhof: Klassizismus im Park Sanssouci

Zu Weihnachten 1825 schenkt Friedrich Wilhelm III. seinem Sohn, dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm (IV.), das Büringsche Vorwerk südlich von Park Sanssouci. Und der Beschenkte beauftragt sofort den Star unter den Berliner Architekten der Zeit, Karl Friedrich Schinkel, mit dem Umbau des Landhauses zum Schloss Charlottenhof im klassizistischen Stil.

Schon 1829 sind die Arbeiten abgeschlossen, und damit beginnt das Wirken Friedrich Wilhelms (IV.) in Sanssouci.

Wie ein antiker Tempel: Schloss Charlottenhof im Park Sanssouci

Beim Rundgang durch „Siam“, wie Friedrich Wilhelm (IV.) das Landhaus nennt, stimmt schon das Vestibül den Besucher auf die gesamte klassizistische Gestaltung des Hauses ein. Ganz nach dem Berliner Geschmack der Zeit.

Der Höhepunkt der Schinkelschen Gestaltung ist der zentral gelegene Speiseraum, den der Besucher über das Vestibül betritt. Von dort geht es direkt durch den Portikus in den Garten. Zu beiden Seiten des Saals befinden sich die privaten Wohnräume des Hauses.

Die Möbel in den Wohnräumen wurden nahezu alle von Schinkel selbst entworfen und sind im Original erhalten. Das wohl originellste Zimmer im Schloss ist das sog. Zeltzimmer, das nach Art römischer Feldherrnzelte dekoriert ist. Es diente Gästen und Hofdamen als Schlafraum.

2. Römische Bäder: Die Antike als Ideal

Kopien antiker Statuen, pompejanische Fresken und italienische Landschaften im Atrium: Hier verwirklichte der Kronprinz sich seinen Traum von Italien

Bereits kurz nach Fertigstellung von Schloss Charlottenhof verwirklichte sich Friedrich Wilhelm (IV.) nur einen Steinwurf entfernt einen weiteren Traum: den von Italien und einer idealisierten antiken Welt.

Herzstück und Namensgeber der gesamten Anlage unweit von Charlottenhof sind die 1834-1840 errichteten Römischen Bäder. Andere Teile des Gebäudekomplexes, wie das Gärtnerhaus, wurden jedoch schon früher fertiggestellt. Und wie so oft lieferte der König selbst Skizzen für die Entwürfe.

Der ikonische Blick: Marmorkaryatiden tragen das Gebälk im Caldarium

Die Bezeichnung der Räume in den Römischen Bädern erinnert an die Aufteilung römischer Villen und Thermen. Über das Atrium – eigentlich der Innenhof einer römischen Villa – betritt der Besucher das Haus. Das Impluvium ist in Potsdam der zentrale Innenhof, von dem aus das Caldarium mit den ikonischen Karyatiden betreten werden kann. Beides sind Räume, die in römischen Thermen anzutreffen sind.

Was Friedrich Wilhelm an diesem Ort genau gemacht hat, ist unklar. Gebadet hat er hier jedenfalls nie. Wahrscheinlich war es ein Ort des Rückzugs für den Kronprinzen. Ein Ort der Kontemplation sozusagen.

Hinweis: Die Römischen Bäder sind stark sanierungsbedürftig und z.Z. daher geschlossen. In den kommenden Jahren steht die Grundinstanzsetzung des gesamten Komplexes an.

3. Schloss Sanssouci: Die neue Sommerresidenz

1840 war es endlich soweit. Kronprinz Friedrich Wilhelm bestieg als Friedrich Wilhelm IV. den preußischen Thron und konnte endlich Schloss Sanssouci zu seiner Sommerresidenz machen. Jetzt war Friedrich Wilhelm seinem großen Vorbild Friedrich II. am nächsten. In den Wintermonaten zog das Paar dann nach Schloss Charlottenburg in Berlin.

Den jetzt offiziellen Aufenthalten in Sanssouci gingen bereits einige Aufenthalte des Kronprinzenpaares auf dem Schloss voraus, die Friedrich Wilhelm III. ab 1815 genehmigt hatte.

Mit dem Einzug des neuen preußischen Königspaares gingen einige Umbauten am Schloss Sanssouci einher. Die beiden heutigen Seitenflügel – von Ludwig Persius nach Skizzen von Friedrich Wilhelm entworfen – wurden 1841/42 fertiggestellt. Inklusive der neuen Schlossküche.

Im östlichen Seitenflügel befindet sich zudem das von Friedrich Wilhelm IV. entworfene Traumzimmer, von dem ich leider keine Fotos machen konnte. Der Name des Zimmers weist darauf hin, dass Friedrich Wilhelm die Gestaltung des Zimmers im Traum erschien, die dann auch im Stil des Zweiten Rokoko zur Ausführung kam.

Am 2. Januar 1861 stirbt Friedrich Wilhelm IV. im Ersten Gästezimmer von Schloss Sanssouci, das er seit 1840 als Wohnzimmer genutzt hatte. Der Sarg wurde anschließend in dem Raum aufgebahrt, in dem Friedrich II. 1786 starb. Die Beisetzung fand in der Gruft der Friedenskirche Potsdam statt.

4. Das Höhenstraßenprojekt und das Zweite Rokoko mit dem Orangerieschloss

Das sog. Höhenstraßenprojekt war das ehrgeizigste Projekt Friedrich Wilhelms IV. im Park von Sanssouci.

Geplant war eine wesentliche Erweiterung der Parkanlage, die sowohl der neuen Nutzung als Sommerresidenz Rechnung tragen als auch dem großen Vorbild Friedrich II. huldigen sollte.

Verwirklicht wurde von diesen Plänen jedoch nicht alles. Das Geld, Streitigkeiten mit den Grundstücksbesitzern und die politischen Umstände spielten einfach nicht mit. Aber immerhin das Herzstück konnte in den 1850iger Jahren nach Plänen von Friedrich August Stüler und Ludwig Ferdinand Hesse gebaut werden: das Orangerieschloss.

Der Raffaelsaal

Der Höhepunkt des Orangerieschlosses ist der zentral gelegene Raffaelsaal. Bereits Friedrich Wilhelms Vater, Friedrich Wilhelm III., hatte Kopien des italienischen Malers der Renaissance gesammelt.

Sein Sohn erweiterte diese Sammlung mit Werken aus allen Schaffensperioden des Meisters und machte sie in seinem Orangerieschloss museal zugänglich.

Die beiden Appartements für Gäste auf der Nordseite westlich und östlich des Raffaelsaals sind räumlich identisch aufgeteilt: Vorzimmer, Wohn- und Arbeitsbereich sowie Schlafzimmer wechseln aneinander ab. Alle Räume sind im Stil des Zweiten Rokoko gestaltet, der jetzt in Berlin in Mode kam.

Der heutige Besucher betritt das Orangerieschloss über das Westappartement. Erste Station ist das Grüne Schlafzimmer. Bereits hier wird die Gestaltung des Zweiten Rokoko mehr als deutlich, denn man fragt sich, wo man ist. Im Neuen Palais oder im Orangerieschloss, das immerhin knappe 100 Jahre später errichtet wurde?

Westliches Appartement

Zu den räumlichen Höhepunkten im westlichen Appartement zählt das Bernstein- oder Elfenbeinfarbige Zimmer mit den vergoldeten Sitzmöbeln und der violetten Samtbespannung. Zahlreiche Porzellanfiguren aus dem 18. Jahrhundert und Figuren aus der italienischen Commedia dell’arte von F. A. Bustelli runden den Raumschmuck ab.

Östliches Appartement

Beim Besuch des ostseitigen Appartements des Orangerieschlosses empfiehlt sich nach dem blauen Lapislazuliszimmer ein genauerer Blick in das Malachitzimmer. Der als Wohn- und Schlafzimmer konzipierte Raum hat einige Berühmtheit erlangt, seit die russische Zarenwitwe, Alexandra Fjodorowna geb. Charlotte von Preußen, die Schwester Friedrich Wilhelms IV. dort nächtigte.

Exkurs: Die Fahnentreppe vom Potsdamer Stadtschloss

Erstaunlicherweise war die Fahnentreppe am Potsdamer Stadtschloss eines der ersten Projekte, die Friedrich Wilhelm IV. noch im Jahr seiner Thronbesteigung 1840 in Angriff nahm.

Kurz zur Geschichte: die Treppe selbst geht auf Friedrich Wilhelm I. zurück. Der schmerzgeplagte Monarch konnte durch sie schnell von seinen Privatgemächern auf den Exerzierplatz vor dem Schloss gelangen. Aber nicht nur das: auch die Fahnen der preußischen Eliteregimenter kamen auf diesem Weg von der Fahnenkammer zu ihren Regimentern. Daher der Name.

Warum Friedrich II. die Treppe beim Umbau des Potsdamer Stadtschlosses zwischen 1750-51 mit musizierenden nackten Knaben nach Entwürfen von F. C. Glume ausschmücken ließ, bietet Raum für viel Interpretationen.

Friedrich Wilhelm IV., der große Bewunderer des Großen Königs, ließ jedenfalls die baufällige Treppe samt Putti sofort nach seinem Regierungsantritt in Stand setzen.

Und jetzt kommt sie nach dem Verlust durch Krieg und Sprengung des Stadtschlosses zurück! In einer Berliner Bildhauerwerkstatt werden gerade die Vorlagen für den Bronzeguss der Putti in Ton vorbereitet. Auf der Grundlage von erhaltenen Originalteilen oder historischen Fotos.

Wenn alles klappt, kehrt die Fahnentreppe mit den musizierenden Knaben 2020 an das Potsdamer Stadtschloss zurück.

Die Fahnentreppe am Potsdamer Stadtschloss auf einer historischen Aufnahme

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Oder schau doch mal auf diesen Seiten in meinem Blog vorbei:
Schloss Rheinsberg | Potsdamer Schlössernacht | Neues Palais Potsdam | Neue Kammern im Park Sanssouci

6 Kommentare

  1. Hallo, vielen Dank für die wunderschönen Aufnahmen vom Schloss Charlottenhof, das ich vorgestern besucht habe. Anhand deiner Aufnahmen konnte ich den Besuch noch einmal gut nachvollziehen. Herzliche Grüße aus Tegel!

  2. Lieber Frank, dankeschön für den tollen Bericht und die wunderschönen Fotos! Wie ist es dir gelungen, ganz allein in Charlottenhof zu sein? Zusammen mit den Römischen Bädern war es DER Lieblingsort meiner Kindheit und ist es noch. Erst Sonnabend bei den Exoten in der Orangerie gewesen; auch sehenswert! Lieben Dank für alles!

    1. Vielen Dank für die nette Rückmeldung. Ich war natürlich nicht ganz allein in Charlottenhof 🙂 Ich versuche immer, an den anderen Besuchern vorbei zu fotografieren. VG, Frank

  3. Vielen Dank für diesen schönen Bericht, der mich als langjährigen Potsdamliebhaber besonders erfreut hat. Tolle Fotos und Hintergrundinfos. Bin mind 2 Mal im Jahr im Park und Umgebung habe auch nach 20 Jahren immer noch etwas zu entdecken.

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