Der Glanzpunkt und zugleich das Ende des friderizianischen Rokoko im Park Sanssouci

Gleich neben dem weltbekannten Schloss Sanssouci, aber versteckt hinter Hainbuchhecken und nach friderizianischen Vorbild neu angepflanzten Obstgärten mit Kirschbäumen liegen die Neuen Kammern.
Ein Gästeschloss, das Preußenkönig Friedrich II. erst ziemlich spät einrichten ließ. Ein verborgenes Juwel in der Potsdamer Kulturlandschaft und das Ziel meines neuen Blogbeitrags.

Zwischen 1771 und 1775 ließ Friedrich II. die von Knobelsdorff errichtete alte Orangerie westlich von Schloss Sanssouci durch Georg Christian Unger zu einem modernen Gästeschloss umgestalten.

Die Gästezimmer im Schloss Sanssouci reichten nicht mehr aus und entsprachen wohl auch nicht mehr den gehobenen Ansprüchen an Komfort und Luxus der Zeit.

Interessant ist, dass nur Wohnungen für einzelne Kavaliere eingerichtet wurden, denn „Damen kamen nur selten nach Sanssouci, und keine übernachtete jemals daselbst“, wie Manger in seiner Baugeschichte von Potsdam schreibt.

Für die Innengestaltung der Neuen Kammern zeichnete v.a. Johann Christian Hoppenhaupt verantwortlich, der – obgleich sich der Klassizismus in Europa schon durchgesetzt hatte – hier noch einmal einen glänzenden und abschließenden Höhepunkt des friderizianischen Rokoko schuf.

Äußerlich änderte sich an der ehemaligen Orangerie nicht viel. Der Mittelteil erhielt eine Kuppel in Anlehnung an die östlich von Schloss Sanssouci gelegene Bildergalerie. Vor die Fassade wurden freistehende Statuen gesetzt.

Die stark verwitterten Statuen wanderten 1982 ins Depot. Erst 2019 konnten die ersten vier restaurierten Statuen dank einer Spende an ihren angestammten Platz vor dem Mittelrisalit zurückkehren.

1963 wurden die Neuen Kammern geschlossen. Danach erfolgten die Planungen zur Vorbereitung auf eine Generalrekonstruktion, die in den 1980iger durch polnische Restauratoren erfolgte. Ab Mai 1987 war das restaurierte Gebäude wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.

Die Festsäle

In den östlichen Flügel baute Unger vier Festsäle ein: den Jaspissaal, die Ovidgalerie, den Büffetsaal und die Blaue Galerie.

Der Jaspissaal (aka Agathener Saal)

Der quadratische Jaspissaal ist der zentrale Festsaal in den Neuen Kammern. In die weiß-grauen Wände aus schlesischem Marmor sind Felder aus rotem Jaspis eingelassen, einem schwer zu bearbeitenden Halbedelstein. Eine Arbeit von Melchior Kambly und den Gebrüdern Calame.

Das Dunkelrot der Jaspisfelder kontrastiert hervorragend mit dem Gold der Konsolen, auf denen antike und zeitgenössische Büsten stehen. Portraits antiker Dichter schmücken die Supraporten der beiden Türen.

Auf dem pastellfarbigen Deckengemälde bilden Venus und Armor den Mittelpunkt. Es wurde 1774 vom Berliner Hofmaler Johann Christoph Frisch geschaffen.

Die Ovidgalerie

Die Ovidgalerie ist ein lang gestreckter, opulent ausgestatteter Festsaal zwischen dem Jaspissaal und der Blauen Galerie. Auf dem Fußboden bilden weiße und grüne Marmorfliesen ein Rautenmuster. Kostbare Spiegel gegenüber den Fenstern reflektieren das Licht und erhellen den gesamten Raum.

Seinen Namen verdankt der Saal den großformatigen vergoldeten Wandreliefs, die das Liebesleben der Götter nach den „Metarmorphosen“ des römischen Dichters Ovid darstellen. Die Gebrüder Räntz aus Bayreuth schufen sie 1773-74 für diesen Raum.

Der Büffetsaal

Der Büffetsaal ist der kleinste Raum unter den vier Festsälen und bot wahrscheinlich das Ambiente für kleinere Gesellschaften.

Auf den 19 vergoldeten Konsolen standen einst sechs japanische Gefäße ohne Deckel und 13 Porzellangefäße aus der Königlich Preußischen Porzellanmanufaktur, auf den Köpfe römischer Kaiser gemalt waren. Seit 1945 sind sie verschollen. 1987 wurden die Gefäße durch moderne Fayencen ersetzt.

Der Fußboden ist aus rotem und weißem Schlesischen Marmor gearbeitet.

Die Blaue Galerie

Die lang gestreckte Blaue Galerie bildete einst den Auftakt zu den Festsälen in den Neuen Kammern. Sie diente als Empfangssaal und kommt im Gegensatz zu den anderen Sälen etwas kühl daher. Ihren Namen verdankt sie den blauen Wandfeldern, die hervorragend mit dem weißen Stuckmormor und den vergoldeten Ornamenten konstrastieren.

Die Gästezimmer

Die sieben Gästezimmer im Westflügel des Gästeschlosses sind entsprechend den Moden der Zeit komfortabel ausgestattet.

Im Grünen Lackkabinett (erste Gästewohnung) schmücken Porträtmedaillons römischer Imperatoren die Wände. Die grün lackierte Wandvertäfelung harmoniert schön mit der Bespannung der Sitzmöbel.

Lack war im 18. Jahrhundert sehr beliebt. Ganze Räume mit einer Lackschicht zu versehen galt als besonders luxuriös.

Die am kostbarsten ausgestatteten Gästezimmer sind das Große und Kleine Intarsienkabinett (zweite bzw. vierte Gästewohnung, linkes und rechtes Bild unten).

Die Einlegearbeiten in der Wandverkleidung zeigen Blumen, Früchte und Vögel. Die Gebrüder Spindler aus Bayreuth brauchten annähernd vier Jahre, um das aufwändige Werk zu vollenden. Verwendet wurden vorwiegend einheimische, aber auch tropische Hölzer.

Im Schlafzimmer der vierten Gästewohnung (oberes Bild unten) hängen Veduten der Stadt Potsdam. Die Bilder rücken Friedrichs II. Verschönerungen der Stadt in den Mittelpunkt.

Auf den Bildern darunter ist das Schlafzimmer der dritten Gästewohnung (das fünfte Gästezimmer) zu sehen. Zwei Gemälde mit Frauendarstellungen von Anna Dorothea Therbusch schmücken diesen Raum für Kavaliere. Auf dem ersten Bild ist Diana zu sehen, wie sie einer ihrer Nymphen einen strengen Verweis erteilt. Die Dame auf dem letzten Bild ist Venus, die sich gerade schmücken lässt.

Die Neuen Kammern unter Friedrich Wilhelm IV.

Mit seinem Regierungsantritt 1840 machte Friedrich Wilhelm IV., ein großer Bewunderer Friedrichs des Großen, Schloss Sanssouci zu seiner Sommerresidenz. Fortan verbrachte er die Sommermonate zusammen mit seiner Frau Elisabeth auf dem Weinberg.

In diesem Zusammenhang wurden auch die Neuen Kammern als Gästewohnung genutzt. Äußerlich bekam das Gebäude klassizistische Anbauten. Ein Portikus auf der Westseite und ein Säulengang auf der Nordseite wurden hinzugefügt.

Hier endet mein kleiner Rungang durch die Neuen Kammern von Sanssouci. Wenn dir der Beitrag gefallen hat, hinterlasse gerne ein Like oder gebe einen Kommentar unten.

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