Schloss Versailles und Marie-Antoinette – zwei Pole, die nie so richtig zueinander gefunden haben. Mit 14 Jahren kommt die österreichische Erzherzogin Maria Antonia 1770 an den Hof von Versailles. Sie heiratet den Thronfolger und wird 1774 Königin von Frankreich und Navarra. Vor der Etikette am Hof ist sie geflohen und der Hof hat sie nie richtig verstanden. In diesem Beitrag zeige ich euch die Prunkräume und vor allem die Rückzugsorte der „Königin des Rokoko“.

Das Paradeschlafzimmer

Das Paradeschlafzimmer ist der prächtigste Raum des Appartements der Königin. Die Einrichtung entspricht dem Zustand des Zimmers am 6. Oktober 1789. An diesem Tag floh Marie-Antoinette durch eine Tapetentür (auf dem zweiten Bild zu sehen) in die Gemächer des Königs. Eine aufgebrachte Menge war in den Morgenstunden aus Paris gekommen und hatte das Schloss gestürmt, um Brot und die Rückkehr des Königs nach Paris zu fordern.

Der weiße, mit Blumensträußen, Bändern und Pfauenfedern bestickte Wandbehang stammt aus dem Jahr 1787 und wurde 1946 in Lyon neu gewebt. Auf dem Marmorkamin steht eine 1783 von Félix Lecomte geschaffene Büste von Marie-Antoinette. Bemerkenswert ist auch der von Ferdinand Schwerdtfeger 1787 gefertigte Schmuckschrank links vom Bett.

Marie-Antoinette privat

Hinter den Paradezimmern in der ersten Etage und im zweiten Geschoss verbirgt sich eine ganz andere Welt. Es ist der private und intime Rückzugsbereich Marie-Antoinettes. An diesem Ort konnte sie sich dem verhassten Hofprotokoll entziehen und ungezwungen sein. Nur die Familie oder engste Freunde hatten Zutritt zu dieser Parallelwelt in Versailles. Das Schloss bietet regelmäßig die Führung Marie-Antoinette en privé an, bei der die hier gezeigten Räume besichtigt werden können.

Das Cabinet de la Méridienne

Über schmale Korridore erreicht man das Cabinet de la Méridienne der Monarchin. Es wurde 1781, kurz vor der Geburt ihres zweiten Kindes, vom Architekten Richard Mique eingerichtet. Marie-Antoinette wollte dem Trubel um ihre Schwangerschaft entfliehen, denn alle hofften, dass endlich der Thronfolger geboren wird. Am 22.10.1781 entbindet die Königin im benachbarten Paradeschlafzimmer vor den Augen des Hofes einen Sohn, den Thronerben Louis-Joseph.

Die Bibliothek

Glaubt man Stefan Zweig, ist es erstaunlich, dass Marie-Antoinette eine eigene Bibliothek besaß. Denn sie soll kaum ein Buch aufgeschlagen haben. Dennoch besaß die Monarchin zahlreiche Bücher, die sie in diesem Raum und in einem Vorraum aufbewahrte. Erstaunlich sind die höhenverstellbaren Regale.

Das Cabinet doré

Marie Leszynska, die Gemahlin Ludwigs XV., gab diesen Raum in Auftrag. Er wurde 1783 von Richard Mique für Marie-Antoinette umgestaltet. Ein besonders exquisiter Raum mit vergoldeten Schnitzereien an den Wänden. Daher der Name Cabinet doré, das vergoldete Kabinett. Die Dekoration war sehr modern, im neoklassizistischen Stil. Hier empfing die Königin ihre Kinder oder spielte auf der Harfe.

Die Räume im zweiten Geschoss

In der zweiten Etage befinden sich weitere Räume Marie-Antoinettes: ein privates Speisezimmer, ein Billardsalon sowie Räume für das Personal.

In ihrem Speisezimmer (erstes Bild in der folgenden Galerie) empfing die Königin ihre Familie oder engste Freunde zu einem ungezwungenen Abendessen, bei dem man sich frei unterhalten konnte. Nach dem Essen zog sich die Gesellschaft zum Billard in den benachbarten Salon zurück. Den Billardtisch muss man sich heute dazu denken. Die Textilien mit ihren floralen Motiven sind außergewöhnlich und zeugen vom besonderen Geschmack Marie-Antoinettes.

Die Räume im Erdgeschoss

Die Räume des Erdgeschosses befinden sich links und rechts des Vestibüls am Marmorhof. Nach dem Tod von Madame Sophie 1782, einer Tochter Ludwigs XV., bezog Marie-Antoinette 1784 die ehemaligen Wohnräume ihrer „Tante“ und ließ sie neu einrichten. Es handelt sich also um die letzten Räume, die für Marie-Antoinette vor der Revolution von 1789 geschaffen wurden. Das Vestibül existierte damals noch nicht. Es wurde erst später, als das Schloss zum Museum wurde, eingebaut. Vorher befand sich an dieser Stelle eine Stuckbibliothek.

Das Schlafzimmer

Rechts vom Vestibül liegt das Schlafzimmer. Der grüne Pastellton der Stoffe, mit dem die Wände und Möbel bespannt sind, entsprach ganz dem Geschmack Marie-Antoinettes.

Das Badezimmer

Links vom Vestibül befindet sich dieses schöne Badezimmer. Die exquisite, original erhaltene Wanddekoration zeigt Delphine, Schwäne, Muscheln, Schilf und Korallen auf blau-grauem Hintergrund. Das Bett mag für heutige Verhältnisse ungewöhnlich erscheinen, aber damals war es üblich, sich nach dem Bad auszuruhen.

Marie-Antoinette konnte nur für kurze Zeit in diesem Raum ein Bad nehmen, denn nur wenige Monate nach seiner Fertigstellung brach die Revolution aus und das Königspaar musste Versailles verlassen. Für immer.

Für den Besuch dieser Räume solltet ihr euch vorher Karten für die geführte Tour Marie-Antoinette en privé auf der Webseite von Schloss Versailles sichern. Die Räume sind nicht frei zugänglich! Termine findet ihr hier.

Wenn ihr mehr über Versailles erfahren wollt, empfehle ich euch diesen Beitrag in meinem Blog.

Wusstet ihr, dass es in Bayern eine fast identische Kopie vom Schloss Versailles gibt? Mehr dazu erfahrt ihr in diesem Beitrag.

2 Kommentare

  1. Top Fotos des Interieurs.
    Etwa 1978 war ich nach dem Schulabschluß mal dort. Ich weiß nur noch, wie riesig das Areal war.
    Die Spiegelgalerie habe ich noch in Erinnerung und des Königs Schlafgemach…
    Menschenmassen schoben sich damals durch.
    Danke für die tollen Eindrücke.

    1. Hallo Frau Baumann, vielen Dank für den Kommentar. Menschenmassen schieben sich noch immer durch das Schloss. Aber die Fürungen sind relativ klein, da ist es wesentlich angenehmer.
      Viele Grüße!

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