Schloss Versailles ist vor allem ein Ort der Repräsentation der französischen Monarchie in all ihrer Pracht. Faszinierend sind aber auch die Rückzugsorte in diesem Schloss. In diesem Beitrag zeige ich euch einige private Räume Ludwigs XV. und XVI., den beiden letzten Repräsentanten der alten Monarchie Frankreichs.

Das Hundevorzimmer

Ein Beispiel für die private Seite von Schloss Versailles ist das Innere Appartement des Königs (Appartement intérieur du Rois), das ab 1735 für König Ludwig XV. eingerichtet wurde und später von Ludwig XVI. weitergenutzt wurde. Der Zugang erfolgt über zwei Vorzimmer, von denen das erste das so genannte Hundevorzimmer ist.

Der leidenschaftliche Jäger Ludwig XV. ließ hier seine Hunde nach der Jagd in den Nischen ausruhen. Der Name dieses und der folgenden Räume zeigt schon, dass hier nicht die Repräsentation im Vordergrund stand, sondern der tägliche Gebrauch.

Das Speisezimmer der Rückkehr von der Jagd

In diesem Saal wurde nach der Jagd gespeist. Daher der Name (Salle à manger des retours de chasse). Mehrmals in der Woche gab Ludwig XV. in diesem Raum ein informelles Essen für seine Jagdbegleiter, und es war eine besondere Ehre, zu den Eingeladenen zu gehören. Es war übrigens ein Novum in Versailles, einen Raum nur als Speisesaal einzurichten. Denn vorher wurden Räume, die es schon gab, erst bei Bedarf in ein Speisezimmer verwandelt.

Das Uhrenkabinett

Das Uhrenkabinett (Cabinet de la pendule) ist der größte Raum der königlichen Gemächer und das zweite Vorzimmer im Appartement. Es verdankt seinen Namen einer ingenieurtechnischen Meisterleistung des 18. Jahrhunderts: der astronomischen Uhr von Claude Siméon Passemant. Sie zeigt Datum, Uhrzeit, Mondphasen und die Bewegung der Planeten an. Und das bis ins Jahr 9999! Das war ganz nach dem Geschmack des an den Wissenschaften interessierten Ludwig XV.

Bei meinem Besuch im März 2022 stand die Uhr leider nicht in diesem Raum, sondern in einer Restaurierungswerkstatt. Im Fußboden ist außerdem eine Metallschiene zu sehen, die den Pariser Meridian symbolisiert. Die Reiterstatue in der Mitte des Raumes stellt Ludwig XV. dar. Es handelt sich um eine kleine Kopie des Originals, das bis zur Revolution auf der heutigen Place de la Concorde in Paris stand und dann zerstört wurde.

Das Eckkabinett

Das Eckkabinett (Cabinet d’angle) oder das Innere Kabinett war das Arbeitszimmer des Königs und ist ein perfektes Beispiel für das französische Rokoko. Ludwig XV. arbeitete hier tagsüber vorwiegend allein oder mit nur einigen Ministern.

Und was für ein Schreibtisch! Ludwig XV. bestellte ihn 1760 bei Jean-François Oeben, neun Jahre später wurde er von Jean-Henri Riesener fertiggestellt. Schaut ihn euch ruhig mal genauer an, denn es ist eines der berühmtesten Möbelstücke im Schloss. Die schönen Holzschnitzereien an den Wänden stammen von Jacques Verbeckt aus dem Jahr 1753.

Das Depeschenkabinett

Das Depeschenkabinett (Cabinet des dépêches) war ein Ort der Diplomatie im Schloss. Hier nahm Ludwig XV. die geheimen Berichte seiner ausländischen Agenten entgegen oder erteilte Anweisungen, die als Depeschen in alle Welt verschickt wurden. Daher der Name. Die Dokumente und Bücher des Königs wurden während der Revolution nicht vernichtet oder verkauft, sondern im Hôtel de Soubise in Paris, dem späteren Nationalarchiv, deponiert.

Und noch eine interessante Information: gleich nebenan befindet sich ein nicht unwichtiger Raum, das Cabinet de la chaise. Zu deutsch: die Toilette des Königs.

Das Innerste Kabinett und das Goldgeschirrkabinett

Zur Zeit Ludwigs XV. war das Innerste Kabinett (Très arrière cabinet) ein Badezimmer. Die Wanddekoration mit Delphinen und badenden Putten erinnert noch heute daran. Später zog sich Ludwig XVI. hierher zurück, um seine Geheimdokumente zu lesen.

Der angrenzende Raum repräsentiert verschiedene Epochen. Teile der Deckendekoration des Goldgeschirrkabinetts (Cabinet de la vaisselle d’or) stammen noch aus der Kleinen Galerie Ludwigs XIV, die sich hier befand. Später richtete Madame Adélaïde, eine Tochter Ludwigs XV., hier ihren Salon ein, bis sie zu ihren Schwestern ins Erdgeschoss zog. Danach stellte Ludwig XV. hier sein Goldgeschirr aus.

Der Bibliothekssalon

Der Bibliothekssalon (Salon-Bibliothèque) wurde für Ludwig XVI. anstelle eines Spielsalons seines Vorgängers eingerichtet und ist das letzte Werk des Architekten Ange-Jacques Gabriel in Versailles.

Es ist ein sehr eleganter Raum im Louis-Seize Stil und ich könnte mir sehr gut vorstellen, hier zu arbeiten, zu lesen oder die Zeit mit Freunden zu verbringen. Ludwig XVI. empfing hier die Gelehrten seiner Zeit, um über die von ihm angestrebten politischen Reformen zu diskutieren. Bemerkenswert ist der runde Tisch von zwei Metern Durchmesser, auf dem leicht große Landkarten ausgerollt werden konnten, denn Ludwig XVI. interessierte sich sehr für Geographie.

Das Porzellan-Esszimmer

Dieser Speisesaal wurde bereits 1769 für Ludwig XV. eingerichtet, später speisten hier Ludwig XVI. und seine Frau Marie-Antoinette wöchentlich mit einem erlesenen Kreis von etwa 40 Personen. Aber woher kommt der Name? Der König nutzte den Raum jedes Jahr zu Weihnachten für eine Ausstellung der neuesten Kreationen der Porzellanmanufaktur von Sèvres, bei der man auch einkaufen konnte.

Hinweise für euren Besuch in diesen Räumen

Diese Räume im Schloss Versailles sind nicht frei zugänglich, sondern ihr müsst eine Führung (Visite guidée) zusätzlich zum Eintrittsticket buchen. Über Termine und Zeiten informiert euch tagesaktuell auf der offiziellen Webseite von Schloss Versailles.

2 Kommentare

  1. Deine Bilder fangen die opulente Schönheit und den majestätischen Charme von Versailles perfekt ein und lassen uns in die glanzvolle Welt des französischen Adels eintauchen. Danke, dass du uns mit auf diese einzigartige Reise genommen hast und uns die Möglichkeit gegeben hast, die Pracht von Schloss Versailles durch deine Linse zu bewundern. Es ist wie eine Reise in die Vergangenheit, die uns für immer in Erinnerung bleiben wird!

  2. Das sieht irgendwie alles … sehr extravagant aus! Genau so, wie man es von einem Schloss auch erwarten würde …. vielen Dank für den guten Beitrag!

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