Das Waldparkrefugium auf dem Sieglitzer Berg
Ein Refugium in einem Waldpark – und eines meiner Geheimtipps: das ist der Sieglitzer Berg im Gartenreich Dessau-Wörlitz.
Vielen Besuchern des Gartenreichs ist der Park überhaupt nicht bekannt, denn er war lange Zeit in Vergessenheit geraten. Erst in den letzten Jahren, nicht zuletzt auch durch den Wiederaufbau der Solitude, wurde der Park langsam wiederentdeckt. Seitdem wird er schrittweise wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt.
Die Parkanlage liegt auf einem 68 m hohen Hügel überhalb der Elbe, deren Flussbett sich zur Entstehungszeit noch direkt unterhalb des Hügels befand. Heute hat sich die Elbe ein anderes Bett gesucht und fließt etwas weiter vom Berg entfernt. In Sichtweite ist sie aber immer noch.
Fürst Franz von Anhalt-Dessau ließ den Park 1777 anlegen und in den folgenden 30 Jahren gestalten. Ein von Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorf errichtetes klassizistisches Schlösschen verrät uns auch, warum der Fürst den Park anlegen ließ.
Die Solitude
Die Solitude – das zurückgezogene Schlösschen – ist das Herzstück des Parks und war auch der Ausgangspunkt für dessen Gestaltung. Dem klassizistischen Geschmack des Fürsten entsprechend führte Architekt von Erdmannsdorf das Schlösschen in Form eines römischen Tempels aus. 1783 war der Bau abgeschlossen.
Einen weiteren Schlossneubau wird es weder unter Fürst Franz – nach den Schlossbauten im Gartenreich – noch nach seiner Regierung im Fürstentum Anhalt bis zur Abdankung der anhaltischen Fürsten nicht geben.
Der Portikus auf der Elbseite trägt die Inschrift „Der Besserung“, was auf die eigentliche Bedeutung der Solitude hinweist. Obwohl es lange Zeit unklar blieb, was genau die Inschrift bedeuten soll. Deutungen gab es viele.
Heute weiß man, dass der Fürst unter rheumatischen Beschwerden litt. Daher ließ er sich in der Abgeschiedenheit des Waldes oberhalb der Elbe ein Heilbad für Kuren im eigenen Land errichten. Reisekosten in die damals beliebten Heilbäder in Europa konnte man somit sparen und nicht zuletzt auch die Aufmerksamkeit, die immer mit einer solchen Reise verbunden war.
Das warme Wasser für die Bäder in der gefliesten Badestube kam aus einem nahegelegenen Wirtschaftsgebäude. Erdmannsdorf ließ das Gebäude in Form eines ruinösen römischen Grabmals errichten. Die Reste davon sind heute noch erhalten.
Die Solitude wurde aber auch für andere Zwecke genutzt. Darauf weist eine weitere Inschrift hin, deren Bedeutung ebenso für lange Zeit unklar war. „Des XXVI. Septbr. 1783 eingedenk“ steht über der elbseitigen Eingangstür geschrieben. Was ist damit gemeint?
Der Sieglitzer Berg – ein Ort für die Diplomatie
Das Datum des 26. September 1783 nimmt Bezug auf geheime politische Verhandlungen, die Fürst Franz in der Abgeschiedenheit des Waldes führte. Der Prinz von Preußen und Thronfolger von Friedrich II., Friedrich Wilhelm (II.), kam an diesem Tag auf den Sieglitzer Berg, um Franz von der Notwendigkeit eines Bundes der kleineren Fürstentümer gegen den Habsburger und Kaiser Joseph II. zu überzeugen.
Der Sieglitzer Berg und die Solitude waren aber auch Schauplätze ganz öffentlicher Veranstaltungen, die auch durchaus diplomatischer Natur waren. 1791 wurde hier die Verlobungsfeier zwischen dem Erbprinzen Friedrich von Anhalt-Dessau und der Prinzessin Luise von Preußen ausgerichtet. Preußen war für das kleine Fürstentum als Schutzmacht unerlässlich. Nur ein Jahr später wurde diese Verbindung allerdings schon wieder gelöst.
Von der ehemals prachtvollen Innenausstattung ist heute nichts mehr erhalten. Neben dem bereits angesprochenem gefliesten Bad gab es einen mit Stuck und Malerei verzierten Saal sowie ein Schlafzimmer mit Alkoven, eine Küche und eine Bedienstetenkammer.
Die drei Parktore auf dem Sieglitzer Berg
Der Zugang zum Sieglitzer Park ist durch drei Tore möglich, die in unterschiedlichen architektonischen Stilen gestaltet sind.
Das Tor nach Vockerode ist im klassizistischen Stil gestaltet. Besucher, die aus Dessau kommen, passieren beim Zugang in den Park ein barockes Tor. Und wer aus Wörlitz kommt, schreitet durch ein Tor, das im gotischen Stil gehalten ist.
Skulpturen und Monumente im Park
Von der Solitude ausgehende Sichtachsen weisen auf weitere Höhepunkte im Waldpark hin. Eine der Schneisen im Wald führt den Blick auf eine große Sandsteinvase, die an einen Gefallenen erinnert. Sie ist Wilhelm Graf von Anhalt gewidmet, der ein Freund des Fürsten war. Er fiel auf der letzten großen Schlacht des Siebenjährigen Krieges bei Torgau beim Kampf auf preußischer Seite.
Eine andere Waldschneise lässt den Blick von der Solitude auf die römische Jagdgöttin Diana gleiten. Die mit einem Köcher auf dem Rücken ausgestattete Figur wird von einem Jagdhund begleitet.
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Wollt ihr mehr über das Gartenreich Dessau-Wörlitz erfahren? Hier gibt es einen Beitrag zu Schloss Wörlitz, das nicht weit entfernt liegt oder Schloss Mosigkau, das ebenfalls im Gartenreich liegt.
Wunderbare Aufnahmen und Klasse kommmentiert !
Hallo Frank, wie immer ein sehr guter Beitrag, nicht nur mit hervorragenden Fotos sondern auch mit geschichtlichen Erläuterungen zum besseren Verständnis.
Weiter so.