In diesem Beitrag stelle ich euch ein kleines und eher unbekanntes Schloss vor – Schloss Wildenfels im Erzgebirge. Durch einen Bericht über Seidentapeten wurde ich auf dieses Schloss aufmerksam – und war bei meinem Besuch überrascht, was für ein Kleinod sich hinter diesem kleinen Schloss versteckt. Aber schaut selbst …

Der Blaue Salon

Wo gibt es denn sowas? Im Blauen Salon von Schloss Wildenfels besteht die Tapete aus Teilen eines osmanischen Prunkzeltes! Nachdenklich fragt man sich, wie es dazu kam. Die Geschichte ist so: Hausherr Graf Friedrich Ludwig zu Solms-Wildenfels und Tecklenburg nahm an einem russischen Feldzug gegen die Türken am Schwarzen Meer teil, der erfolgreich beendet wurde. Daraufhin ließ der Graf die kostbar bestickte Seide eines Sultanszelts nach Wildenfels bringen. Zu Hause angekommen, wurde extra ein Raum hergerichtet, um das Beutestück angemessen präsentieren zu können. Eine einzigartige Kostbarkeit, die ihresgleichen sucht. Auch gerade deswegen trägt Schloss Wildenfels den Beinamen Tapetenschloss.

Das Mondscheinzimmer

Das Mondscheinzimmer von Schloss Wildenfels wurde von der gräflichen Familie Solms-Wildenbruch als Schlafzimmer genutzt. Des Nachts soll sich hier an den Wänden der Mondschein spiegeln. Ist das nicht romantisch? Das Zimmer gehört zu den Räumen, die 2016 wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnten. Davor wurde es als Wohn- und Lagerraum genutzt. Auch in diesem Raum spielt die Tapete eine besondere Rolle. Denn die historische Wandbespannung aus Seidenjacquard ging leider verloren, wurde aber auf der Grundlage von Resten der Textiltapete im benachbarten großen Roten Salon von einer Seidenmanufaktur im sächsischen Crimmitschau nachgewebt. Und das, obwohl Originalbelege fehlten. Ein einmaliger Vorgang! Für die Farbe blau entschied man sich auf der Grundlage des blassblauen Stucks, der erhalten blieb. Weitere Textiltapeten in anderen Räumen werden jetzt schrittweise restauriert, darunter auch die im Chinesischen Zimmer, das gleich neben dem Mondscheinzimmer liegt.

Die gräfliche Bibliothek

Die gräfliche Bibliothek von Schloss Wildenfels besteht aus einem Vorzimmer und einer Rotunde. Das Vorzimmer mit Wandschränken ist im Trompe-l’œil-Stil ausgemalt. Darüber hinaus gibt es hier ein eindrucksvolles Deckengemälde, das vom Dresdner Maler Christian Leberecht Vogel geschaffen wurde. Vogel war 24 Jahre als Hofmaler und Erzieher der Kinder des Grafen Friedrich Magnus I. in Wildenfels tätig und maßgeblich an der Ausgestaltung der Räume beteiligt. Das Gemälde zeigt, wie Helios den Sonnenwagen an der Schwelle von der Nacht zum Tag am Himmel führt. Einfach nur schön!
Erfreulicherweise blieb ein Großteil der wertvollen Büchersammlung erhalten und befindet sich heute in den wissenschaftlichen bzw. historischen Bibliotheken von Chemnitz und Zwickau, wo sie der Forschung zur Verfügung stehen. Im Vorzimmer finden regelmäßig wechselnde Ausstellungen statt.

Die Festsäle

Schloss Wildenfels verfügt gleich über mehrere Festsäle: einen großen und kleinen sowie eine Rotunde. Den großen Festsaal ließ Graf Friedrich Magnus I. von Solms-Wildenfels in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im klassizistischen Stil umgestalten. Die sparsam gehaltene Dekoration lässt den Raum für meinen Geschmack aber etwas kühl erscheinen.
Für den kleinen Festsaal schuf Theodor Grosse 1858 zwei Wandgemälde im Auftrag von Friedrich Magnus II. Sie stellen Geschehnisse aus der Familiengeschichte des Hauses Solms-Wildenfels dar. Familiäre Ereignisse werden ebenfalls auf den von Grosse gemalten Arabesken zwischen den Fenstern auf der Nord- und Südseite gezeigt.
In der Rotunde neben dem kleinen Festsaal könnt ihr einen grandiosen Blick in die das Schloss umgebende Landschaft werfen. Die Engelsgestalten in diesem Raum sind Personifikationen der weltlichen Tugenden Tapferkeit, Gerechtigkeit, Weisheit und Mäßigung. Die Gemälde in den Supraporten versinnbildlichen dagegen christliche Tugenden.

Wie sieht das Schloss eigentlich von außen aus?

… das wurde ich in einem der Kommentare gefragt. Hier kommt die Auflösung. Imposant erhebt sich das Schloss im Erzgebirger Vorland. Wer jetzt nicht nach Wildenfels fährt ist selber Schuld.

Schloss Wildenfels ist Di-Do 10 – 18 Uhr und zwischen März und November auch am Sonntag zwischen 14 – 18 Uhr zur Besichtigung geöffnet. Der Eintrittspreis ist mit 4€ sehr moderat. Kinder bis 16 Jahren erhalten freien Zutritt. Aktuelle Informationen erhaltet ihr auf der Homepage oder auf dem Instagram-Kanal des Freundeskreises Schloss Wildenfels. An dieser Stelle nochmals ein herzlicher Dank an den Freundeskreis für die Fotoerlaubnis und die vielen wertvollen Hintergrundinformationen, die ich in diesen Beitrag einfließen lassen konnte.

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Kommentar

  1. Sehr schöne Innenaufnahmen. Leider fehlt eine Außenaufnahme. Man könnte dann die Struktur des Schlosses besser erfassen.
    Befindet das Schloß sich in Privatbesitz ?

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