Schloss Mosigkau – die anhaltinische Perle des Rokoko
Das Gartenreich von Dessau-Wörlitz gehört nicht ohne Grund zum UNESCO Weltkulturerbe. Denn es ist „Unendlich schön“. Und es bietet eine wirklich beeindruckende Vielfalt an verschiedenartigen Schlössern und Gärten. Ein besonderes Schloss im Gartenreich möchte ich mit euch in diesem Beitrag besuchen – Schloss Mosigkau.
Das Schloss gehört zum Gartenreich Dessau-Wörlitz, über das ich hier schon berichtet habe. Es befindet sich in dem gleichnamigen Ort, der nur wenige Kilometer von den Wörlitzer Anlagen entfernt und damit etwas abseits der Besucherströme durch das Gartenreich liegt.
Etwas zu Unrecht abseits, wie ich finde, denn Mosigkau ist eine einzigartige Schlossanlage in Sachsen-Anhalt und ein lehrreiches Schmuckstück in Sachen Architektur im Gartenreich.
Dessau-Wörlitz – zwischen Rokoko und Klassizismus
Wer einen kleinen Ausflug in die Architekturgeschichte zwischen Rokoko und Klassizismus unternehmen möchte, ist im Gartenreich Dessau-Wörlitz allerbestens aufgehoben, denn Schloss Mosigkau bietet ein exzellentes Beispiel für das Rokoko in Mitteldeutschland.
Außerdem weist es durchaus Parallelen zu dem nur wenige Jahre zuvor entstandenen Schloss Sanssouci in Potsdam auf. Zudem ist Mosigkau als Schlossensemble des Rokoko noch weitestgehend komplett erhalten.
Als Gegenpol und nur wenige Autominuten von Mosigkau entfernt liegt Schloss Wörlitz, das die architektonische Abkehr vom Spätbarock im Gartenreich verkörpert. Der aufgeklärte Fürst Leopold III. von Anhalt-Dessau (Fürst Franz) schuf mit diesem Schlossbau den ersten und zugleich mustergültigen Bau im Geschmack des aufkommenden klassizistischen Stils in Deutschland. Mehr zu Schloss Wörlitz erfahrt ihr hier.
Wer die Architekturstile also direkt vergleichen möchte, sollte daher beide Orte – Mosigkau und Wörlitz – nacheinander besuchen.
Schloss Mosigkau im Gartenreich Dessau-Wörlitz
Der Schlossbau in Mosigkau geht auf Anna Wilhelmine Prinzessin von Anhalt-Dessau zurück und wurde 1752 begonnen. Schon nach fünf Jahren Bauzeit war das barocke Ensemble fertig.
Ermöglicht hatte den Bau Fürst Leopold I., der auch als „Der alte Dessauer“ bekannt ist. Er machte seiner unverheirateten Tochter im Alter von 27 Jahren im Jahr 1742 ein Gut in Mosigkau mit den dazugehörigen Ländereien zum Geschenk. Darüber hinaus stattete er seine Lieblingstochter auch mit einer stattlichen jährlichen Apanage aus. Somit war die finanzielle Grundlage für den Schlossbau und ein sorgloses Leben auch ohne den sicheren Hafen einer Ehe gegeben.
Ihrem Interesse an Architektur und ausgezeichneten Kenntnissen in der Kunst ist es zu verdanken, dass Anna Wilhelmine in Mosigkau ein Juwel des Rokoko bauen ließ, das zu Recht auch oft als das Kleine Sanssouci bezeichnet wird.
Die Schlossherrin bewohnte das Haus bis zu ihrem Tod im Jahre 1780 während der Sommermonate. Für die Zeit nach ihrem Tod verfügte Anna Wilhelmine testamentarisch die Nutzung der Anlage als Stift für unverheiratete adlige Frauen. In dieser Nutzung stand Mosigkau bis 1945. Also über 150 Jahre. Die letzte adlige Stiftsdame starb übrigens in den 1960er Jahren. Eine Informationstafel im Schlosspark informiert darüber.
Nach dem Auszug der noch verbliebenen Stiftsdamen wurde 1951 in dem Schloß zur DDR-Zeit schließlich ein Museum für „Wohnkultur im Rokoko“ eingerichtet. 17 Räume sind im Originalzustand zu besichtigen, wobei der Galeriesaal mit der reichen Ausstattung an barocken Gemälden den Höhepunkt beim Rundgang darstellt.
Zum Schlossensemble gehören auch ein schöner Park mit Blumenrabatten, einem Irrgarten und einem Fischteich. In den Sommermonaten stehen im Garten von Mosigkau zahlreiche, zum Teil jahrhundertealte exotische Kübelpflanzen.
Der Skulpturenschmuck von Schloss Mosigkau
Zur unbedingten Ausstattung eines Barockbaus und des umgebenden Gartens gehört natürlich auch der figürliche Schmuck. Die Schlossherrin bewies bei der Auswahl der Skulpturen für ihr Anwesen in Mosigkau einen sehr guten Geschmack.
Venus und Flora
Die heitere Gartenseite mit den Kolossalsäulen schmücken an der Freitreppe zum Garten die Figuren der Venus und Flora. Die beiden Figuren stehen für Schönheit, Fruchtbarkeit und Wachstum.
Während die Figur der Venus bereits in 1990er Jahren rekonstruiert werden konnte, musste Flora länger warten. Die Mittel für eine Rekonstruktion fehlten zunächst. Nach 1945 verlor die Statue zuerst den rechten Unterarm mit der Flöte in der Hand. Später ging dann auch der linke Unterarm verloren.
Mit fortschreitendem Verfall erfolgte dann Anfang der 1990er Jahre der endgültige Abbau aus statischen Gründen. Erst 2014 ermöglichten private Spendengelder aus Oranienbaum-Wörlitz schließlich die Rekonstruktion auch dieser Figur. Seitdem sind die vier Portalfiguren wieder komplett.
Athene und Apollon
Auf der Nordseite am Ehrenhof geben zwei weitere Skulpturen dem dortigen Eingang einen repräsentativen Rahmen und stehen programmatisch für das Selbstverständnis der Schlossherrin. Die Figur der Athene auf der linken Seite symbolisiert die Wissenschaften, aber auch die Bau- und Kriegskunst und ist somit gleichsam das Sinnbild für Weisheit. Sie stützte sich mit der rechten Hand auf einen Speer, während sie in der linken Hand einen Bogen hielt. Speer und Bogen sind heute nicht mehr vorhanden.
Der Athene gegenüber, auf der rechten Eingangsseite, platzierte Anna Wilhelmine einen Apoll. Die einzige männliche Figur unter den Portalskulpturen von Mosigkau steht für die schönen Künste und insbesondere für Musik und Gesang.
Ein Haus der Kunst und Wissenschaft – das war also die Botschaft, die die emanzipierte Bewohnerin von Schloss Mosigkau jedem Besucher schon beim Betreten verkündete.
Wie auch für die beiden Skulpturen an der Gartenseite, erhielt Johann Wolfgang Träger aus Dessau, der in Wien seine Ausbildung erfuhr, den Auftrag für die Skulpturen. Ein glücklicher Griff, wie sich zeigte.
Portalaufsätze
Die besonders plastischen Aufsätze auf den Portalen im Norden und Süden wurden von dem Potsdamer Bildhauer Nathanael Eppen geschaffen, zuerst der auf der Gartenseite und dann der auf der Hofseite. Sie widmen sich dem Lauf der Jahreszeiten.
Auf der Gartenseite zum Süden sind passend Frühling und Sommer dargestellt. Die wappenartige Kartusche enthält die Initialen von Prinzessin Anna Wilhelmine von Dessau.
Der Aufsatz am Portal der Nordseite zum Ehrenhof stellt die beiden Jahreszeiten Herbst und Winter dar. Die Plastik an der Hoffront ist spiegelartig zu der an der Gartenfront aufgebaut.
Schloss Mosigkau von innen
Das Herzstück der Innenräume des Schlosses ist der Gartensaal im Corps de Logis mit der Bildergalerie. Dabei war der Raum ursprünglich als Orangerie für die Überwinterung der Kübelpflanzen konzipiert. Jedoch schmiss die Bauherrin die Pläne kurzerhand um und verwandelte die Orangerie in eine Gemäldegalerie. Während unserer Führung wurde der Saal gerade für eine der vielen Veranstaltungen vorbereitet, die hier regelmäßig stattfinden.
Die Bildersammlung präsentiert sich in einer in Deutschland einzigartigen barocken, d.h. lückenlosen Hängung.
Zu den schönsten und in der Originalausstattung erhaltenen Räumen zählt das gelb-versilberte Kabinett. In diesem Kabinett kommt der Einfluss von Schloss Sanssouci deutlich zum Ausdruck, denn es ist mit einem vergleichbaren Ornamentschmuck ausgestattet. Außerdem ist das Voltairezimmer in Potsdam in einer annähernd gleichen Farbe gefasst.
Der Name des Kabinetts verweist auf seine farbliche Ausgestaltung. Denn Profilleisten, Schnitzereien und Rocaillen in einem Silberton heben sich wohltuend von der strohgelben Farbe der Wände ab. Besonders schön sind die Wandleuchter mit den schmückenden Porzellanblumen.
Der Schlossherrin unterstand die niedere Gerichtsbarkeit in Mosigkau. Ihren offiziellen Aufgaben in dieser Funktion kam Anna Wilhelmine im Audienzzimmer im Erdgeschoss des Westflügels des Schlosses nach.
Für private Audienzen mit hochgestellten Persönlichkeiten stand dagegen ein privates Audienzzimmer im oberen Geschoss zur Verfügung.
Zu den Räumlichkeiten, die Anna Wilhelmine vorbehalten waren, gehört im Erdgeschoss auch das Braune Kabinett. Die Wände dieser „Eckkammer nach dem Garten“ sind vollständig mit Birnen- und Erlenholz verkleidet und verleihen dem Zimmer einen intimen Charakter. Vermutlich diente es der Hausherrin als Arbeitszimmer. Zudem hängen in diesem Kabinett zwölf Damenporträts, die eine Schönheitengalerie bilden.
Mehr Bilder von Schloss Mosigkau
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Informationen zum Besuch von Schloss und Park Mosigkau
Allgemein: Wer Mosigkau besuchen möchte, kann die Schlossanlage mit dem Lustgarten jederzeit zu den Öffnungszeiten betreten. Die Innenräume des Schlosses sind jedoch nur im Rahmen einer Führung zugänglich, die nach Besucherlage durchgeführt werden. Nach Aussagen des Kastellans braucht aber niemand länger als 20 Min. auf eine Führung warten.
Eine Besichtigung des Friedhofs aus der Stiftzeit ist ebenfalls möglich. Den Schlüssel für das Friedhofstor bekommt man auf Nachfrage an der Schlosskasse.
Öffnungszeiten Schloss Mosigkau: Geöffnet von April – Oktober. Im April und Oktober an den Wochenenden und Feiertags 10:00 – 17:00 Uhr. Von Mai bis September täglich (außer Mo) 10:00 – 17:00 Uhr.
Eintritt: 7,50 €
Tipp: Im Schlossensemble von Mosigkau können Besucher auch übernachten. Es gibt eine Ferienwohnung in einem der Kavalierhäuser am Ehrenhof. Weitere Infos dazu auf der Homepage des Gartenreichs Dessau-Wörlitz.
Sehr schöne Photo`s und Erläuterungen, eine Werbung für einen Besuch dieser Anlage.