In diesem Beitrag möchten wir mit euch auf einen Rundgang durch das märchenhafte Jagdschloss Gelbensande bei Rostock gehen. Gemeinsam erkunden wir das in einem Waldstück an der Ostsee gelegene historistische Refugium von Großherzog Friedrich Franz III. aus dem Hause Mecklenburg-Schwerin.
Stand: Januar 2019
Im Jahr 1884 erteilt der Großherzog Friedrich Franz III. von Mecklenburg-Schwerin den Auftrag, im Gelbensander Forst bei Rostock ein Jagdhaus als Sommerresidenz zu errichten. Den Zuschlag erhält der Architekt Gotthilf Ludwig Möckel, der fast zeitgleich auch mit der Wiederherstellung des Doberaner Münsters betraut wurde.
Ein privater Rückzugsort für den Großherzog und seine Familie sollte es werden. Für die Standortwahl war nicht nur das fürstliche Jagdrevier, in dem Gelbensande lag, entscheidend. Der an chronischem Asthma erkrankte Großherzog wollte vielmehr auch das heilsame Klima der Ostseeküste während der Sommermonate zur Genesung nutzen. Die Wintermonate verbrachte Friedrich Franz für gewöhnlich an der Côte d’Azur in Cannes.
Die Außengestaltung von Jagdschloss Gelbensande
Schon 1887 war das Jagdhaus bezugsfertig. Bei der Gestaltung orientierte sich Architekt Möckel am Stil englischer Landhäuser. Während Haupt- und Untergeschoss aus roten und gelben Backsteinen gefertigt sind und einen schönen Kontrast bilden, besteht das Obergeschoss aus Fachwerk mit geputzten Ausfachungen.
Auf ausdrücklichen Wunsch der Gemahlin von Friedrich Franz, der russischen Großfürstin Anastasia, und ihres Vaters, Großfürst Michael Nikolajewitsch Romanow, sind deutliche Anleihen an architektonische Stilelemente aus Russland in Gelbensande erkennbar. Der Vater beteiligte sich immerhin auch finanziell am Bau.
Am deutlichsten tritt der russische Einfluss am überdachten Eingang hervor. Die mit Schnitzwerk versehenen Säulen erinnern sehr an russische Holzhäuser. Darüber hinaus ist der russische Doppeladler gleich mehrfach im und am Gebäude sichtbar. Diese für den Historismus typische Stilvermischung verleihen dem Jagdschloss Gelbensande etwas märchenhaftes, das den Besucher in seinen Bann zieht.
Nach dem frühen Tod von Friedrich Franz im April 1897 wird Gelbensande zum Witwensitz. Die drei Kinder Anastasias, darunter Cecilie, die spätere Kronprinzessin von Preußen, verbringen hier dennoch unbeschwerte Kinder- und Jugendtage. Dies mag auch der Grund für Cecilie gewesen sein, Jagdschloss Gelbensande bei der Gestaltung des neuen Kronprinzenschlosses Cecilienhof in Potsdam zumindest teilweise zum Vorbild zu nehmen.
Die Verlobung Cecilies mit Kronprinz Wilhelm von Preußen fand übrigens am 4. September 1904 auf dem Jagdschloss Gelbensande statt. Ein gesellschaftlicher Höhepunkt für Gelbensande.
Ein Rundgang durch die Innenräume
Die vier Kaminzimmer
Der Rundgang startet in der Jagdhalle, dem zentralen Raum im Haus. Wie früher hängen auch heute Jagdtrophäen an den Wänden. Die wenigsten davon sind jedoch noch aus dem Originalbestand, sondern Schenkungen oder Leihgaben an den Förderverein des Museums von Gelbensande.
Besonders schön ist der kunstvoll gefertigte und noch funktionstüchtige Kamin in der Jagdhalle. Die beiden Öffnungen im oberen Teil sind Auslasse der für die damalige Zeit modernen Warmluftheizung mit einem dazugehörigen Ofen im Keller.
Ein kleiner Durchgang führt von der Jagdhalle in den Anrichteraum. Da die Großherzogin keine Küchengerüche in ihrer Wohnung haben wollte, wurde die Küche in das Obergeschoss verbannt. Von dort wurden die Speisen mittels eines Aufzugs in die Beletage transportiert und in der Anrichte zum Servieren vorbereitet.
Der nächste Raum ist das Speisezimmer. Sehr schön sind hier die beiden Erker mit den rekonstruierten Bleiglasfenstern. Hier ist Platz für ausreichend Sitzgelegenheiten.
1998 erhielt der Raum seine ursprüngliche Farbgebung zurück. Das Mobiliar stammt teilweise noch aus dem Originalbestand des Schlosses. Der Kamin ist auch hier wie in den anderen Räumen noch funktionstüchtig.
Vom Speisezimmer geht es weiter in den Salon. Es ist der einzige Raum, dessen Holzteile nicht naturbelassen bzw. dunkel lasiert sind. Der ursprüngliche weiß-grüne Anstrich wurde bei Restaurierungsarbeiten 2001 und 2005 wiederhergestellt.
Das sich anschließende Kabinett diente Friedrich Franz III. als Arbeits- und Besprechungszimmer. Die umlaufenden Holzpaneelen an den Wänden wurden nach der Wende rekonstruiert. Das Mobiliar in diesem Zimmer ist aus dem Schlossbestand.
Im Raum nebenan befindet sich das moderne Bad des Großherzogs, inklusive einer Toilette mit Wasserspülung. Ebenfalls im Badezimmer ist die Badewanne mit einer Tiefe von 60 cm im Original erhalten.
Herzogliches Schlafzimmer und Kammerfrauenzimmer
Das gemeinsame Schlafzimmer des herzoglichen Paares wird heute für Wechselausstellungen genutzt. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs wurden hier gerade die Vorbereitungen für eine Ausstellung über das Leben von Friedrich Franz III. getroffen.
Interessant ist auch das Zimmer der Kammerfrau, das gleich neben dem Schlafzimmer liegt. Die für Garderobenschränke gebaute Balustrade mit schmiedeeisernem Geländer und Wendeltreppe wurde zwischen 2005-2013 rekonstruiert.
Informationen zum Besuch in Gelbensande
Die Anfahrt erfolgt über die B105 zwischen Rostock und Stralsund. Die Zufahrt im Ort Gelbensande ist ausgeschildert.
Öffnungszeiten: Mai-Oktober 10 – 17 Uhr, November-April 11 – 16 Uhr (Stand Schautafel am Eingang im Januar 2019)
Eintritt: 5€
Fotoerlaubnis: 1€
Lust auf mehr Schlösser in Mecklenburg-Vorpommern? Dann empfehle ich dir einen Besuch von Schloss Schwerin.