Schloss Weimar erkunden – Ein Rundgang durch das thüringische Residenzschloss
Schloss Weimar erkunden – das war mein erklärtes Ziel noch vor diesem Sommer. Denn im Juli diesen Jahres startet eine Generalsanierung. Was im Klartext bedeutet, dass das Schloss dann für mindestens fünf Jahre geschlossen sein wird.
Zugleich mit der Instandsetzung des Stadtschlosses ist aber auch eine Neuausrichtung der Weimarer Kulturlandschaft geplant. Das herzogliche Schloss soll dann zukünftig näher ins Zentrum rücken und als Eintritt des Besuchers von morgen in den Kosmos Weimar dienen. Wir dürfen gespannt sein.
Bis es dann soweit ist, möchte ich mit dir auf Entdeckungsreise durch das noch „alte“ Schloss gehen. Und hier kommt mein Bericht dazu.
Das Residenzschloss präsentiert sich in seiner heutigen Form im Wesentlichen wie nach dem Umbau im 18. Jahrhundert. Dieser war notwendig geworden, nachdem es 1774 zu einem Brand kam, der in Folge das Schloss für viele Jahre in eine Ruine verwandelte.
Was zunächst eine Katastrophe war, sollte sich im Nachhinein dann doch als ein Glücksfall herausstellen. Denn Weimar machte aus der Not eine Tugend und rief 1789 eine Schlossbaukommission ins Leben, die unter Leitung Goethes das Stadtschloss von Weimar in eine klassizistische Idealwelt umwandelte. Die wir auch heute noch bestaunen können …
Mein Schlossbesuch startet im Ostflügel. Also der Seite, die sich zum Park an der Ilm öffnet und bei der zukünftigen Neugestaltung den zentralen Eingangsbereich bilden wird.
Der Ostflügel
Der zentrale Raum im Ostflügel ist das von Heinrich Gentz entworfene Treppenhaus. Eine grandiose Raumkonstruktion, bei der sich die Gestaltungskommission ganz den Idealen des Klassizismus hingegeben hat.
Umgeben von Reliefs, Skulpturen und einem umlaufenden Metopenfries gelangt man vom Erdgeschoss in die Beletage. Besonders beeindruckend ist die vergoldete Kuppel in der Decke des Treppenhauses. Sie repräsentiert die Sonne am Himmel und taucht den Raum in ein goldenes Licht.
Über das Gentzsche Treppenhaus gelangt man vom Schlosshof über das Entréezimmer fast direkt in den Festsaal. Eine weitere grandiose klassizistische Raumschöpfung, für dessen Ausgestaltung wiederum Goethe für den Architekten Heinrich Gentz einige Ideen ablieferte.
Im Jahr 1806, als französische Truppen Weimar besetzen, sollte der Festsaal Schauplatz eines denkwürdigen Ereignisses werden. Napoleon, der gerade die Schlacht bei Jena und Auerstedt siegreich für sich entschieden hatte, betrat das Schloss, um die in Weimar verbliebene Herzogin Louise mit den Worten zu begrüßen: „Ich bedaure Sie, Madame“ („Je vous plains, Madame“).
Herzogin Louise war jedoch wenig beeindruckt und konnte den französischen Kaiser davon überzeugen, nicht weiter Hand an das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach zu legen. Eine starke Frau, oder?
Zum Ostflügel gehört auch das Esszimmer gleich neben dem Festsaal. Hier wird ein Teil des Porzellans ausgestellt, das zur Mitgift der russischen Zarentocher Maria Pawlowna gehörte. Dazu mehr im nächsten Abschnitt.
Der Nordflügel
Im Nordflügel befindet sich im westlichen Teil das Appartement der russischen Zarentochter Maria Pawlowna. Erbprinz Carl Friedrich hatte die Großfürstin 1804 in Sankt Petersburg geheiratet. Entsprechend ihres Standes wurden für sie ab 1801 in Weimar luxuriöse Räume hergerichtet, die die zukünftige Großherzogin nach ihrer Ankunft in Weimar vorfinden sollte.
Von diesen Räumen hat sich einzig das Zedernholzzimmer in der Ausstattung von Heinrich Gentz erhalten. Das Zimmer diente der Großherzogin als Gesellschaftszimmer.
Der Name des Zimmers kommt nicht von ungefähr, denn Gentz verwendete poliertes Zedernholz für die Wandvertäfelungen. Der Hammerflügel von der Pariser Firma Erard in der Mitte des Raumes steht seit 1812 hier. Eine Besonderheit, denn er zählte zu den modernsten Instrumenten, die in Europa zu jener Zeit zu bekommen waren.
Der Flügel wurde regelmäßig von der Großherzogin sowie den Hofkapellmeistern genutzt. Auch heute noch kommt er immer wieder im Rahmen der Konzertreihe „Klingendes Schloss“ zum Einsatz.
Zu den von Gentz umgestalteten Räumen im Nordflügel zählt auch die Große Galerie, die wegen der Wandleuchter mit einer Adlerbekrönung auch als Falkengalerie bezeichnet wird.
Der Westflügel
Nach dem Zusammenbruch des Napoleonischen Systems und der Aufwertung Sachsen-Weimar-Eisenachs zum Großherzogtum auf dem Wiener Kongress konnte man nun in Weimar ab 1815 auch endlich die Fertigstellung des Westflügels in Angriff nehmen.
Nach dem verheerenden Brand von 1774 war dies dann die zweitletzte Erneuerung des Schlosses vor dem Zusammenbruch der Monarchie in Deutschland.
Zu den wichtigsten Räumen des Westflügels zählen der Conseilsaal sowie eine Reihe von Zimmern, die das Großfürstenpaar Maria Pawlowna und Carl Friedrich zum Gedenken an die Dichter Goethe, Schiller, Wieland und Herder einrichten ließen.
Im Conseilsaal, der für Staatsempfänge genutzt wurde, hingen ursprünglich zwölf Ölgemälde mit Darstellungen wichtiger historischer Ereignisse und landschaftlicher Höhepunkte im Großherzogtum. Vier sind bis heute erhalten, der Rest ging nach dem II. Weltkrieg als Beutekunst nach Russland.
Eines der erhaltenen Bilder zeigt das von Friedrich Preller gemalte Bild vom Einzug Maria Pawlownas in Weimar nach der Hochzeit mit Carl Friedrich in Sankt Petersburg.
Von den sich anschließenden Dichterzimmern ist die Goethegalerie das größte. Die beiden großen Wandbilder zeigen Szenen aus Goethes Hauptwerk, Faust I. und II. Reliefs in den Türen und Medaillons in der Decke verweisen auf Goethes vielfältige Gedankenwelt.
Der Südflügel
Der Südflügel ist der jüngste Teil des Stadtschlosses. Mit dem Bau wurde 1912 unter der Regentschaft des Großherzogs Wilhelm Ernst begonnen. Der Flügel war für die großherzogliche Familie gedacht und mit Elektrizität und modernen Bädern ausgestattet. Auch nach der Abdankung des Großherzog im November 1918 behielt seine Familie ein Wohnrecht in diesem Flügel.
Heute befindet sich in den Räumlichkeiten, die nicht besichtigt werden können, die Verwaltung der Klassikstiftung Weimar.
Infos zum Residenzschloss in Weimar
Wichtig! Ab dem 2. Juli 2018 schließt das Stadtschloss für mindestens fünf Jahre für eine Generalinstandsetzung. Die Cranach-Galerie und die Kunstkammer im Erdgeschoss sind bereits jetzt geschlossen. Die oben beschriebenen Räume sind aber alle nach wie vor zugänglich.
Öffnungszeiten: Di – So | 10:00 – 18:00 Uhr
Preise: 5,50 € / 4,00 €
Fotografieren: Ist in allen Räumen kostfrei erlaubt. Aber ohne Stativ und Blitz.
Weitere Infos: Auf der Seite der Klassikstiftung
Wenn du jetzt noch Lust auf einen kleinen Stadtrundgang durch Weimar hast, dann schaue doch mal hier vorbei.
Oder komm doch einfach mit nach Altenburg, wo ein weiteres tolles Residenzschloss in Thüringen auf deinen Besuch wartet.
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