Ein Rundgang durch Jüterbog – Stätte der Reformation im Fläming/Brandenburg
2017 ist das Jahr, in dem sich die Reformation – genauer gesagt, die Veröffentlichung von Luthers 95 Thesen – zum 500. Mal jährt.
Nun wird die Reformation ja hauptsächlich mit Wittenberg in Sachsen-Anhalt oder mit der Wartburg in Thüringen in Verbindung gebracht.
Aber auch das Land Brandenburg hat seine Reformationsstätten, die durchaus interessant sind und Beachtung verdienen.
Eine Stadt in Brandenburg, die im Zusammenhang mit dem Jubiläum oft Erwähnung findet, liegt im Fläming – einer Landschaft südwestlich von Berlin – und heisst Jüterbog.
Warum diese Stadt mit der Reformation verbunden wird? Das hängt v.a. mit dem Prediger Johann Tetzel zusammen, der hier einen regen Ablasshandel betrieb. Ein sog. Tetzelkasten für die Sammlung der Erlöse aus dem Ablasshandel befindet sich noch heute in der Nikolaikirche von Jüterbog.
Trotzdem ist es eigentlich komisch, dass der Name von Jüterbog heute so eng mit der Reformation verknüpft ist, denn erst 1540 wurde die Religionsfreiheit nach langen und turbulenten Auseinandersetzungen in der Stadt verkündet.
Aber ohne den Ablasshandel und Tetzel hätte es die Reformation wahrscheinlich nie gegeben. Und so kann die Stadt als eine der Geburtsstätten der Reformation gesehen werden. Außerdem gibt es neben Tetzel noch andere Gründe, Jüterbog als eine Stadt der Reformation zu betrachten.
Dazu gerne einfach weiterlesen, um hier meine Links zur Reformation zu entdecken.
Das Rathaus
Den Rundgang durch Jüterbog starten wir auf dem Marktplatz mit dem Rathaus. Interessant ist, dass das äußerlich homogen wirkende Gebäude eigentlich aus drei geschichtlich unterschiedlichen Teilen besteht.
Der älteste Teil wurde im 13. Jhdt. begonnen und ist auf der rechten Seite zu sehen. Es war eine Art Mehrzweckbau, in dem Waren verkauft und Abgaben an die Landesherren gesammelt wurden.
Der linke Teil ist das eigentliche Rathaus, das direkt an das Kaufhaus angebaut wurde. Der Beschluss zum Bau wurde im Jahr 1493 gefasst. Wer genau hinschaut kann erkennen, dass sich die Fenstereinfassungen im linken und rechten Teil unterscheiden.
Ein weiterer Teil stammt von 1481. In diesem Jahr wurde die offene Gerichtslaube vor dem Rathaus fertiggestellt. Eine ähnliche Gerichtslaube stand einst in Berlin und kann heute im Babelsberger Park in Potsdam bewundert werden.
Das Obergeschoss der Jüterboger Laube kam 1493 hinzu. Dort befindet sich heute ein Sitzungssaal.
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Die Nikolaikirche
Die Nikolaikirche ist eines der wichtigsten Wahrzeichen von Jüterbog, denn schon von Weitem bestimmen die Doppeltürme der Kirche die Silhouette der Stadt.
Und auch hier haben wir neben dem Tetzelkasten wieder einen Link zur Reformation: Thomas Münzer – ebenfalls ein Reformator und Anhänger Luthers – hat in der Nikolaikirche gepredigt. Übrigens sehr zum Ärgernis der Franziskaner in der Stadt.
Die beiden Türme der Nikolaikirche sind 69 Meter hoch und von einer Besichtigungsplattform in 46 Metern Höhe hat man einen herrlichen Ausblick auf die Stadt und die Umgebung.
Den Nordturm ziert eine achteckige Barockhaube, die zugleich auch als Türmerwohnung diente. Auf dem Südturm steht eine Pyramide aus Pirnaer Sandstein, in dem sich sechs Glocken befinden.
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Abtshof
Der sog. Abtshof am Planeberg ist ein spätgotischer Backsteinbau von 1480 und diente früher dem nahe gelegenen Kloster Zinna als städtischer Klosterhof der Repräsentanz in der Stadt. Heute beherbergt der Abtshof das Städtische Museum.
Als Link zur Reformation sei hier zu nennen, dass das Kloster Zinna erst 1553 säkularisiert wurde, als die letzten Mönche das Kloster verließen. Und das obwohl es bereits frühzeitig durch die Präsenz der Reformation und ihrer Prediger in der Stadt in den Auflösungsprozess hineingezogen wurde.
Die Mönchenkirche
Die Mönchenkirche – eine Backstein-Hallenkirche – wurde zwischen 1480 und 1510 errichtet und war Teil einer Klosteranlage der Franziskaner in Jüterbog.
Die meisten Gebäude wurden im Laufe der Zeit nach der Säkularisierung des Klosters, die erst 1564 erfolgte – wieder ein Link zur Reformation – abgetragen. Der letzte Gottesdienst wurde in der Mönchenkirche 1963 gefeiert.
Seit 1985 ist hier die Stadtbibliothek untergebracht. Heute versorgt eine Touristinformation Besucher mit vielen praktischen Tipps für den Besuch in Jüterbog und zum Fläming.
Darüber hinaus wird das Haus als Theater- und Kulturstätte genutzt. Bei Sanierung und Umbau wurde darauf geachtet, den Charakter der Kirche zu bewahren.
Stadtmauer, Stadttore und Wehrtürme
An einigen Stellen hat sich noch die Stadtmauer mit ihren Verteidigungstürmen erhalten. Obgleich Jüterbog oft in Kriege verwickelt wurde, die u.a die Erzbischöfe von Magdeburg führten, wurde die Stadt kaum mit Waffen verteidigt.
Viel lieber zahlte die Stadt Geld, um sich vom Kriegsgeschehen freizukaufen oder man schickte Soldaten zu den Kriegsschauplätzen und hielt sich so aus direkten Kampfhandlungen raus.
Von den drei Stadttoren Jüterbogs ist u.a. das nördliche Zinnaer Tor mit seinem Innentor erhalten. Alle Stadttore waren Doppeltoranlagen mit Wehrtürmen, Zwingermauern und dazwischenliegenden Zugbrücken.
Ebenfalls sind Teile des westlichen Dammtors erhalten. Genauer gesagt dessen Vortor und die beiden Türme des Innentors. Das Innentor selber wurde 1851 abgerissen. Damit sollte sichergestellt werden, dass eine Statue des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. das Tor passieren kann.
Heilig-Geist-Platz
Unweit des Dammtors steht auf dem Heilig-Geist-Platz eine Luthereiche, die 1883 zum 400. Geburtstag des Reformators gepflanzt wurde. Dort gibt es auch einen Gedenkstein, der an den Pfarrer Thomas Schneidewein erinnert. Schneidewein wurde 1529 entführt und danach wahrscheinlich ermordet.
Jedenfalls tauchte der Pfarrer nie wieder auf. Sein Vergehen bestand darin, dass er der Gemahlin des brandenburgischen Kurfürsten bei der Abkehr vom katholischen Glauben Argumente beisteuerte und der Frau 1528 bei ihrer Flucht nach Sachsen half – und schon wieder haben wir – neben der Luthereiche – einen Link zur Reformation.
Zum Abschluss
Zum Abschluss noch zwei Kuriositäten. Am Dammtor fällt eine Tafel mit dazugehöriger Keule auf. Derartige Tafeln hängen an allen Stadttoren Jüterbogs. Der Spruch verweist auf einen reichen Tuchmacher, der seinen Besitz vor der Zeit seinen Kindern veerbt haben soll und dann im Stich gelassen wurde.
Eine weitere Kuriosität findet man in einer kleinen Gasse an der Nikolaikirchstraße. Die Herkunft des Namens dieser Gasse ist nicht eindeutig. Eine Version besagt, dass hier im 30-jährigem Krieg ein Massaker stattgefunden haben soll. Eine weniger spektakuläre Version vermutet, dass hier Tuchfärber ihrem Gewerbe nachgingen.
Wer noch mehr Links zur Reformation in Jüterbog kennt, kann sie gerne in den Kommentaren hinterlassen. Ich würde mich freuen.
Klasse Bericht , aber das Museum (seid 2005 im Mönchenkloster) finde ich nicht im Beitrag und dort gibt es doch Ablassbriefe zu sehen unter anderem auch vom Petersablass.
Vielen Dank für den Hinweis Das werde ich im Bericht dann natürlich noch ergänzen. LG
Klasse Bericht! Sehr interessant Informationen zu den Stätten der Reformation in der Stadt. Vielen Dank für die tollen Bilder und die umfangreiche Recherche.
Ein wirklich sehr gelungener Beitrag, sehr schöne Bilder!