Im Herzen des im 17. Jahrhundert noch außerhalb Wiens liegenden Quartiers Rossau befindet sich das prachtvolle Gartenpalais Liechtenstein – ein architektonisches Juwel, das um 1700 von Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein in Auftrag gegeben wurde. Der visionäre Fürst, der bereits für zahlreiche bedeutende Bauprojekte in Böhmen und Mähren wie Feldsberg (Valtice) und Eisgrub (Lednice) verantwortlich war, wollte mit diesem Palais ein neues Kapitel in der Wiener Architekturgeschichte aufschlagen.

Der erste Architekt, der mit der Gestaltung des Gartenpalais beauftragt wurde, war Johann Bernhard Fischer von Erlach, einer der renommiertesten Architekten seiner Zeit. Sein ursprünglicher Entwurf sah eine leichte, pavillonartige Architektur vor, die von Eleganz und Luftigkeit geprägt war. Doch die Vorliebe des Fürsten für italienische Künstler führte zu einer entscheidenden Wende im Bauprojekt: Domenico Egidio Rossi, ein Architekt aus Bologna, trat in das Projekt ein. Ab 1692 wurde sein Konzept von Domenico Martinelli aus Lucca weiterentwickelt und finalisiert.

Martinelli verlieh dem Gartenpalais eine monumentale Strenge, die von klassizistischer Klarheit geprägt ist. Diese stilistische Entscheidung führte zu einem Bauwerk von beeindruckender Größe und geschlossener Harmonie, das die leichten Entwürfe Fischers hinter sich ließ. Das Ergebnis war eine städtische Palastvilla im römischen Stil, die in ihrer monumentalen Ausdruckskraft zum Vorbild für die Wiener Barockarchitektur wurde.

Heute zeugt das Gartenpalais nicht nur von der visionären Baukunst seiner Schöpfer, sondern auch von der kulturellen und künstlerischen Weitsicht des Fürsten Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein. Ein Besuch in diesem architektonischen Meisterwerk ist eine Reise in die faszinierende Welt des Wiener Barock, die bis heute beeindruckt.

Danke an das Palais Liechtenstein für die tolle Tour und die Erlaubnis zum Fotografieren.

Sala Terrena

Wer das Gartenpalais Liechtenstein betritt, wird sofort von der beeindruckenden Sala Terrena empfangen – einem Raum, der als grandioser Eingang in die Welt barocker Architektur und Kunst dient. Dieses Prunkstück spiegelt die italienischen Einflüsse wider, die das gesamte Palais prägen. Ursprünglich als „Palazzo in Villa“ außerhalb der Wiener Stadtmauern konzipiert, sollte die Sala Terrena den Besuchern bereits beim Betreten die majestätische Vision ihres Bauherrn vermitteln.

Für die kunstvolle Ausmalung der Sala Terrena sowie der weiteren Räume im Erdgeschoss – zwei Appartement-Suiten mit jeweils drei Räumen – und der monumentalen Treppenhäuser engagierte Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein den renommierten Künstler Johann Michael Rottmayr. Obwohl der Fürst zunächst italienische Freskenkünstler für sein Projekt gewinnen wollte, blieb dieser Plan erfolglos. Rottmayr, der zuvor in Salzburg und Wien unter anderem für die kaiserliche Familie tätig war, übernahm den prestigeträchtigen Auftrag und bewies in seiner Arbeit außergewöhnliche künstlerische Brillanz.

Die Fresken in der Sala Terrena beeindrucken mit ihrer lebhaften Farbigkeit und dynamischen Komposition. Sie lassen die italienische Inspiration, die den Fürsten antrieb, deutlich erkennen und verbinden diese mit der eigenständigen Handschrift eines der bedeutendsten Künstler des österreichischen Barock.

Die Sala Terrena ist nicht nur ein prachtvoller Auftakt des Palais, sondern auch ein Sinnbild für den künstlerischen und kulturellen Anspruch, den Fürst Johann Adam Andreas I. mit seinem Gartenpalais verwirklichen wollte. Ein Besuch dieses Raumes offenbart die Leidenschaft und Vision, die hinter der Entstehung eines der eindrucksvollsten Bauwerke des Wiener Barocks stehen.

Der Goldene Wagen

Der Goldene Wagen der Fürsten von Liechtenstein ist mehr als ein Prunkstück – er erzählt die Geschichte diplomatischer Missionen, königlicher Hochzeiten und der Kunstfertigkeit des Barock. Dieses prachtvolle Gefährt wurde 1738 von Fürst Joseph Wenzel I. von Liechtenstein bei dem berühmten französischen Konstrukteur Nicolas Pineau in Auftrag gegeben, um seinen offiziellen Einzug als Botschafter Kaiser Karls VI. in Paris und Versailles zu feiern. Der Dezember jenes Jahres stand ganz im Zeichen der opulenten Prachtentfaltung, für die dieser Wagen geschaffen wurde.

Doch der Goldene Wagen erlebte noch einen weiteren historischen Höhepunkt: 1760 erhielt Fürst Joseph Wenzel I. von Liechtenstein von Maria Theresia den ehrenvollen Auftrag, die Verlobte ihres Sohnes Kronprinz Joseph, Prinzessin Isabella von Parma, nach Wien zu geleiten. Der Fürst zog am 3. September in einer glanzvollen Parade von Gala-Wagen in Parma ein, wobei der Goldene Wagen das Herzstück dieser Aufwartung war. Dieses historische Ereignis wurde von dem Maler Martin van Meytens festgehalten und findet sich heute als Gemälde in den Fürstlichen Sammlungen.

Am 13. September 1760 trat der Fürst mit Isabella von Parma die Heimreise nach Wien an. Der Wagen wurde für die Reise sorgfältig zerlegt und verpackt, in Wien wieder zusammengesetzt und für die Braut Isabella speziell adaptiert. Am 6. Oktober hielt man schließlich in diesem außergewöhnlichen Wagen den festlichen Einzug in die Stadt.

Nach diesen glanzvollen Einsätzen verblieb der Goldene Wagen über das gesamte 19. Jahrhundert hinweg auf Schloss Feldsberg (Valtice), dem Familiensitz der Fürsten von Liechtenstein. Während des Zweiten Weltkriegs wurde er nach Wien gebracht und in der Wagenburg von Schönbrunn ausgestellt. Im Jahr 2003, zur Langen Nacht der Museen, erlebte der Wagen ein weiteres bedeutendes Kapitel: Auf einem Tieflader wurde er durch die Wiener Straßen zu seinem heutigen Aufstellungsort transportiert – dem Gartenpalais Liechtenstein.

Die Treppenhäuser

Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein strebte Anfang des 18. Jahrhunderts nach einer prachtvollen Symbiose italienischer Kunst auf Wiener Boden und wollte dafür die renommiertesten Künstler seiner Zeit – insbesondere aus Bologna – gewinnen.

Sein Lieblingsmaler, der Bologneser Marcantonio Franceschini, lehnte jedoch eine Reise nach Wien ab. Der Fürst fand jedoch eine Alternative: Johann Michael Rottmayr, ein bedeutender Salzburger Künstler, wurde 1705 mit der Gestaltung der Fresken beauftragt. Rottmayr schuf beeindruckende Zyklen in den Räumen des Erdgeschosses – darunter die Sala Terrena und die Damen- sowie Herrenzimmer – sowie in den beiden imposanten Treppenhäusern des Palais.

Doch die Jahrhunderte setzten den Fresken zu. Im 19. Jahrhundert beschädigte wiederholter Wassereintritt die Deckengemälde, und Teile der Fresken lösten sich ab. Um weiteren Verfall zu verhindern, wurden die Treppenhäuser mit stuckgerahmten Ölgemälden von Antonio Bellucci überdeckt, während man andere Bereiche einfach verputzte. Mit der Zeit geriet die ursprüngliche Pracht der barocken Fresken fast in Vergessenheit.

Erst bei Renovierungsarbeiten im Jahr 2000 erlebte das Palais eine kunsthistorische Sensation: Die Fresken Rottmayrs in den Treppenhäusern wurden wiederentdeckt. Besonders beeindruckend sind die Szenen „Die Aufnahme des Militärgenius in den Olymp“ im östlichen und „Die Schlacht der Götter und Giganten“ im westlichen Treppenhaus. Eine aufwendige und sorgfältige Restaurierung brachte die Fresken schließlich wieder zu ihrer ursprünglichen Strahlkraft zurück.

Der Herkulessaal

Der Herkules-Saal im Palais Liechtenstein ist ein Höhepunkt barocker Kunst und Ausdruck des visionären Mäzenatentums von Fürst Johann Adam Andreas I. Für die Ausgestaltung dieses prachtvollen Raumes gelang es dem Fürsten, keinen Geringeren als Andrea Pozzo, den großen Meister des römischen Barock, zu gewinnen.

Zwischen 1704 und 1708 schuf Pozzo das Deckenfresko „Die Aufnahme des Herkules in den Olymp“, ein Werk von beeindruckender Vitalität und künstlerischer Meisterschaft. Die Szene zeigt Herkules auf seinem Weg in die göttliche Sphäre, umgeben von dynamischen Kompositionen, kräftigen Farben und einer unglaublichen räumlichen Illusion, für die Pozzo berühmt war.

Besonders bemerkenswert ist, dass das Fresko bis heute in seiner ursprünglichen barocken Farbigkeit erhalten geblieben ist. Es spiegelt Pozzo auf dem Höhepunkt seines Schaffens wider und verkörpert die Essenz des römischen Barocks: theatralische Pracht, Tiefe und eine Feier der menschlichen und göttlichen Größe.

Die Fürstliche Bibliothek

Die Fürstliche Bibliothek im Gartenpalais Liechtenstein ist ein faszinierendes Beispiel für eine klassizistische Einrichtung des späten 18. Jahrhunderts. Ursprünglich im Palais Liechtenstein in der Herrengasse unter Fürst Alois I. erbaut, beeindruckt sie nicht nur durch ihre kunstvolle Möblierung, sondern auch durch die wertvolle Sammlung an Büchern und Grafiken, die über Generationen hinweg zusammengetragen wurde.

Die Bibliothek, 1791 fertiggestellt, wurde von Joseph Hardtmuth und den Architekten Joseph Meissl d. Ä. und seinem Neffen gestaltet. Die Möbel stammten von Josef Vogl, die Stuckaturen von Martin Karl Keller und die Skulpturen von Johann Martin Fischer. Als eine der großen Sehenswürdigkeiten Wiens zog sie viele Besucher an.

Mit der zunehmenden Modernisierung des Stadtpalais Liechtenstein in der Bankgasse im 19. Jahrhundert verlor die Fürstenfamilie jedoch das Interesse am Palais in der Herrengasse. Daher wurde das Gebäude 1913 verkauft und 1914 abgerissen. Die Bibliothek samt ihrer Sammlung gelangte zwischen 1912 und 1914 in das Gartenpalais in der Rossau, wo sie unter Gustav Ritter von Neumann in den Herrenappartements neu eingerichtet wurde. Die Bücher, von schlicht bis prunkvoll, wurden nach ästhetischen Gesichtspunkten geordnet.

Nach einer aufwändigen Restaurierung (2000–2003) ist die Bibliothek heute ein bedeutendes Element der Fürstlichen Sammlungen. Ein besonderes Highlight ist eine Empire-Uhr von Johann Caspar Hartmann aus dem Jahr 1795, die als Rundtempel aus Marmor, Granit, Lapislazuli und vergoldeter Bronze beeindruckt.

Die Fresken der Bibliothek: Ein barockes Meisterwerk der Selbstinszenierung

Die prachtvollen Deckenfresken der Bibliothek im Gartenpalais Liechtenstein sind ein eindrucksvolles Beispiel für die barocke Kunst der Verherrlichung des Bauherrn. Johann Michael Rottmayr, einer der führenden Künstler des österreichischen Barocks, schuf die Fresken zwischen 1705 und 1708 – zeitgleich mit den Ausmalungen der Damenappartements, der Sala Terrena und der Treppenhäuser.

Im Zentrum der Decke thront das mythologische Thema der Übergabe des Goldenen Vlieses an Jason. Es erinnert an die Verleihung des Ordens des Goldenen Vlieses an Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein im Jahr 1693 – ein Ereignis von großer Bedeutung für den Fürsten und ein Sinnbild für Macht, Ehre und Prestige.

Die weiteren Deckenspiegel greifen ebenfalls bedeutende Motive auf: „Das Opfer des Aeneas“ steht für Tugend und Opferbereitschaft, während „Die Greifenfahrt des Alexander“ den Triumph und die göttliche Legitimation des Herrschers symbolisiert.

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