Die Schönen Gemächer von Schloss Weikersheim in Baden-Württemberg öffneten im Juli 2022 nach einer siebenjährigen Restaurierung wieder ihre Pforten. Bei den Gemächern handelt es sich um eine prunkvolle Raumfolge mit Originalausstattung aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, die ganz dem Repräsentationsbedürfnis des Grafen Carl Ludwig von Hohenlohe-Weikersheim und seiner Frau Fürstin Elisabeth Friederike Sophie entsprachen. Ich durfte noch vor der Eröffnung in die restaurierten Räume und zeige euch hier meine Eindrücke vom Besuch in Weikersheim, der vor allem eines war – überraschend schön!

Schloss und Schlossgarten

Schloss Weikersheim gilt als das schönste unter den hohenloheschen Schlössern. Seine Blütezeit erlebte es Anfang des 18. Jahrhunderts, als Graf Carl Ludwig das Schloss barock umgestalten ließ und den Barockgarten auf der Südseite des Schlosses anlegte. Dieser Garten ist tatsächlich eine große Überraschung, wenn man zum ersten Mal in Weikersheim zu Besuch ist. Ein unverfälschtes Barockerlebnis mit üppigen Blumenrabatten, die nach Originalplänen aus dem 18. Jahrhundert bepflanzt sind, sowie Fontänen und einer Vielzahl von Statuen aus der Entstehungszeit des Gartens. Besonders beeindruckend ist die sog. Zwergengalerie am Beginn des Schlossgartens. Denn die steinernen Zwerge sind eine Seltenheit und gelten als Karikaturen des Weikersheimer Hofstaates. Ähnliche Gestalten habe ich bislang nur im Park von Schloss Wiepersdorf in Brandenburg gesehen.

Die Schönen Gemächer: Vorzimmer und Hauptgemach

Aber nun zum eigentlichen Ziel meines Besuchs im Schloss Weikersheim: die Schönen Gemächer. Hier steckt Frauenpower drin, denn es sind die Repräsentationsräume der Hausherrin – und nicht des Grafen! Warum? Als Fürstin war Elisabeth Friederike Sophie von Oettingen-Oettingen (einem uralten Adelsgeschlecht in Bayern) ranghöher als ihr angeheirateter Mann. Und erst mit ihrer Mitgift war man in der kleinen Reichsgrafschaft Weikersheim in der Lage, den barocken Umbau des Schlosses zu finanzieren.

Die Besucher der Fürstin mussten zunächst im Vorzimmer warten, bevor sie ins Hauptgemach vorgelassen wurden. Dort empfing sie die Fürstin in einem großen Saal, in dem für die heutigen Besucher Szenen nachgestellt sind, die den Eindruck erwecken, als habe die Fürstin mit ihren Gästen den Raum gerade erst verlassen. Ein umgefallenes Weinglas auf dem einen Tisch oder eine noch volle Teetasse auf einem anderen …

Und es gibt noch eine weitere Besonderheit im Hauptgemach: das Porzellankabinett. Die gebildete und kunstsinnige Fürstin sammelte Porzellan aus Ostasien und Fayencen aus Ansbach, die sie in diesem Kabinett zur Schau stellte. Der Besuch bei Kerzenlicht muss damals schon beeindruckend gewesen sein. Und noch beeindruckender ist er heute durch eine Lichtinstallation, die virtuelle Kerzen schwebend durch den Raum gleiten lässt.

Schlafgemach der Fürstin

Der Höhepunkt eines barocken Appartements ist natürlich das Schlafzimmer. Das ist auch in Weikersheim nicht anders. Und damit nicht genug, denn hier steht das Paradebett der Fürstin, prachtvoll und vor allem original! Allerdings ist das Bett ein reines Repräsentationsstück. Geschlafen hat die Fürstin hier nie. Neben dem Prunkbett und weiteren Möbelstücken sind im Schlafzimmer noch einige original erhaltene Porzellanstücke der Fürstin ausgestellt.

Der Rittersaal

Zum Schluss möchte ich euch noch den um 1600 entstandenen Rittersaal zeigen. Aufgrund seiner Größe und der Ausstattung ist der Saal einfach nur überwältigend. 40 m ist er lang. Dennoch kommt die Decke ohne Stützbalken aus, da sie am Dachstuhl hängt. Jedes ihrer Bildfelder stellt eine Jagdszene dar. Die beeindruckenden Stuckplastiken an den Wänden zeigen Wildtiere, wie sie auf der Jagd erlegt wurden… und einen Elefanten. Der riesige versilberte Leuchter ist eine barocke Zutat vom Anfang des 18. Jahrhunderts. An der Westwand steht das Prunkstück des Saals: der 1602 vom Miltenberger Bildhauer Michael Juncker geschaffene Kamin. Ebenso beeindruckend ist das Eingangsportal auf der gegenüberliegenden Seite.

An dieser Stelle einen ganz herzlichen Dank an die Schlossmitarbeiterinnen für die tolle Führung durch die Räume und an die Social Media Abteilung @schloesser_bawu für die Organisation des Besuchs.

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7 Kommentare

  1. Guten Abend Frank,
    In Deutschland stoßen wir oft darauf, dass es nicht erlaubt ist, drinnen zu fotografieren. Wir machen jeden Urlaub tausende von Fotos und es ist sehr bedauerlich, dass es deshalb Lücken in unserer Bildgeschichte gibt. Dank Ihnen können wir unserer Familie und unseren Freunden die Schönheit zeigen, die wir nicht einfangen konnten.

  2. Lieber Frank, welch wunderbare Beschreibung dieses herrlichen Schlosses und welch phantastische Fotos! Ich habe gleich solche Lust bekommen, mir das Schloss baldigst mal persönlich anzuschauen! Vor allem auch, weil man dort noch viele Originale an Mobiliar zu sehen bekommt und den Eindruck hat, alles ist wie früher! Grosses Kompliment und herzliche Grüße aus dem Allgäu!
    Adelheid Michel

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