Im Norden von Potsdam, nur wenige Kilometer von Berlin entfernt, liegt ein Ort, der wie aus der Zeit gefallen scheint: die Pfaueninsel mit ihrem einzigartigen Schloss. Am 25. Mai 2025 öffnete das Schloss Pfaueninsel nach sieben Jahren Schließung und Restaurierung wieder seine Türen – ein idealer Anlass, sich mit der Geschichte dieses besonderen Bauwerks zu beschäftigen und einen Fotorundgang zu machen. Danke an dieser Stelle an die Schlösserstiftung für die Einladung und die tolle Führung.

Die Vision Friedrich Wilhelms II.: Ein ländliches Idyll in der Havel

Schon kurz nach seiner Thronbesteigung im Jahr 1786 ließ Friedrich Wilhelm II. von Preußen im Norden Potsdams den Neuen Garten gestalten. Das klassizistische Marmorpalais wurde sein Sommersitz, ergänzt durch die Gotische Bibliothek, die Orangerie und die Meierei am Jungfernsee. Doch der König dachte weiter: Inspiriert vom europäischen Trend des inszenierten Landlebens, wünschte er sich eine zusätzliche Residenz – eine eher ländliche Dependance zum Marmorpalais.

Die Wahl fiel auf eine kleine Insel in der Havel, die er von früheren Bootsausflügen kannte: Kaninchenwerder, bald umbenannt in Pfaueninsel. Auf einem Hügel errichtete Hofzimmermeister Johann Gottlieb Brendel, unter Umgehung der zuständigen Behörden in Berlin, ein romantisches Lustschloss, das bis heute Besucher aus Berlin, Potsdam und der ganzen Welt in seinen Bann zieht.

Ein Märchenschloss mit illusionistischer Architektur

Das Schloss Pfaueninsel wirkt wie ein Bühnenbild: Zwei Türme, verbunden durch eine Brücke, scheinbar verwittertes Mauerwerk – ein Bauwerk wie aus dem Märchen. Tatsächlich ist der romantische Verfall Teil der Inszenierung: Die „Ruine“ wurde bewusst als Symbol der Vergänglichkeit gestaltet, ganz im Sinne der damaligen Mode. Hinter der Fassade verbirgt sich jedoch ein Fachwerkbau mit bemalter Holzverschalung – die Quadersteine sind nur aufgemalt.

Madame Ritz: Die wahre Gestalterin des Schlosses Pfaueninsel

Im Inneren des Schlosses spiegelt sich vor allem der Geschmack einer Frau wider: Wilhelmine Enke, besser bekannt als Madame Ritz und spätere Gräfin von Lichtenau. Als enge Vertraute und ehemalige Mätresse Friedrich Wilhelms II. erhielt sie bei der Ausstattung des Schlosses freie Hand – und bewies außergewöhnliches Stilgefühl.

Besonders bemerkenswert: die Verwendung von Papiertapeten. Für königliche Räume war das um 1795 hoch ungewöhnlich. Im Bürgertum waren sie bereits verbreitet, aber in fürstlichen Häusern noch ein Tabu. Die bewusste Wahl dieser Wandbekleidung lässt sich auch als modisches Statement lesen: Friedrich Wilhelm II. und Madame Ritz wollten wohl ihre Weltläufigkeit und ihr Gespür für aktuelle Trends zeigen.

Der Festsaal auf der Pfaueninsel – Musik, Kunst und klassizistische Eleganz

Deckengemälde im Festsaal

Im Obergeschoss vom Schloss auf der Pfaueninsel stehst du in einem der beeindruckendsten Räume des Hauses: dem Festsaal. Hier entfaltet sich die klassizistische Innenarchitektur in besonderer Pracht – elegant, zurückhaltend und zugleich voller feiner Details.

Die Wände des Saals sind mit verschiedenfarbigen, naturbelassenen Hölzern verkleidet, die ein warmes, harmonisches Gesamtbild ergeben. Vertikal gegliedert wird der Raum durch Pilaster, deren Furnier aus Schwarzpappelholz auf den ersten Blick wie marmoriertes Gestein wirkt – ein faszinierendes Spiel aus Material und Illusion, ganz im Sinne der klassizistischen Ästhetik.

Ein besonderes Highlight ist das Deckenbild: eine Kopie der berühmten „Aurora“ von Guido Reni, ursprünglich im Casino des Palazzo Rospigliosi in Rom zu sehen. Die Darstellung der Göttin der Morgenröte, die mit ihrem Wagen den Himmel durchquert, verleiht dem Raum eine fast himmlische Atmosphäre.

Der Saal war aber nicht nur ein Ort für repräsentative Zwecke, sondern auch für die Musik. Friedrich Wilhelm II., der als König von Preußen selbst musikalisch sehr begabt war, nutzte diesen Raum für private Konzerte. Davon zeugen heute noch ein historisches Notenpult sowie ein äußerst seltenes Tafelklavier des Berliner Instrumentenbauers Johann Gottlieb Wagner aus dem Jahr 1780.

Der Festsaal verbindet damit auf einzigartige Weise höfische Kultur, künstlerische Inspiration und persönliche Leidenschaft – ein Ort, an dem Architektur, Musik und Geschichte bis heute spürbar lebendig sind.

Exotik auf preußisch: Das Otaheitische Kabinett der Pfaueninsel

Ein besonderes Highlight der Pfaueninsel ist das sogenannte Otaheitische Kabinett – ein kleines, rundes Turmzimmer, das tief in die Sehnsuchtswelt des 18. Jahrhunderts eintauchen lässt. Der Name verweist auf Otaheiti, das damalige europäische Fantasiebild der Insel Tahiti, das seit den Reisen von James Cook Faszination und Fernweh weckte.

Der gesamte Raum ist mit Leinwand ausgeschlagen, die der Dekorationsmaler Philippe Burnat illusionistisch gestaltet hat: Wände und Decke wirken wie aus Bambus errichtet – eine detailreiche Malerei, die den Eindruck einer exotischen Hütte vermittelt. Es ist eine europäische Vorstellung vom Paradies, aufwendig inszeniert mitten im preußischen Lustschloss.

Besonders raffiniert ist die Verbindung von realer Natur und malerischer Imagination. Zwischen die echten Ausblicke der Fenster setzte der Landschaftsmaler P. L. Lüdtke vier gemalte „Fenster“, die scheinbar den Blick in eine tropisch verfremdete Pfaueninsellandschaft freigeben. Palmen, fremdartige Vegetation und weiche Lichtstimmungen verwandeln das Turmzimmer in ein Sinnbild der exotischen Träume des 18. Jahrhunderts – ein Ort zwischen Realität und Illusion, zwischen Potsdam und der Südsee.

Schloss Pfaueninsel: Repräsentation, Rückzug – und Realität

Trotz aller Sorgfalt in der Gestaltung war das Schloss kein Ort für längere Aufenthalte. Bereits zwei Jahre nach der Fertigstellung starb der König. Sein Sohn, Friedrich Wilhelm III., missbilligte die Beziehung zu Wilhelmine von Lichtenau und ließ sie inhaftieren. Zwar wurde sie 1811 auf Betreiben von Napoleon I. rehabilitiert, auf die Pfaueninsel kehrte sie jedoch nie zurück.

Friedrich Wilhelm III. nutzte das Schloss gelegentlich gemeinsam mit Königin Luise und den Kindern. Doch komfortabel war der Aufenthalt nicht: Kleine Schlafzimmer, dünne Wände, unbequeme Betten. Königin Luise hat daher wohl nicht gerne dort übernachtet. Später kam dann Schloss Paretz im Havelland als komfortablere Sommerresidenz hinzu.

Vom königlichen Rückzugsort zum Ausflugsziel für alle

Ab 1821 wurde das Schloss erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Pfaueninsel entwickelte sich zu einem beliebten Ausflugsziel in Potsdam und Berlin. Eine Menagerie mit Affen, Lamas, Bären und natürlich Pfauen zog die Stadtgesellschaft an. Sogar eine rund 60 Meter lange Rutschbahn wurde errichtet – zur Freude von Jung und Alt.

Mit dem Tod Friedrich Wilhelms III. im Jahr 1840 verlor die Insel allmählich an Bedeutung. Die Tiere kamen in den Zoologischen Garten Berlin, und auch die Besucher blieben aus. Das Schloss selbst wurde zwar gepflegt, aber kaum noch genutzt – ein Glücksfall für die Originalausstattung, die bis heute erhalten blieb.

Wiedereröffnung 2025: Schloss Pfaueninsel neu entdecken

Am 25. Mai 2025 öffnete das Schloss auf der Pfaueninsel nach umfangreicher Restaurierung wieder für die Öffentlichkeit. Besucher können seitdem ein nahezu unverändertes Original aus dem Jahr 1795 erleben – ein authentisches Zeugnis preußischer Wohnkultur und romantischer Vorstellungen im ausgehenden 18. Jahrhundert.

Ein Spaziergang über die Pfaueninsel ist mehr als ein schöner Ausflug ins Grüne – er ist eine Zeitreise in die Epoche Friedrich Wilhelms II. und seinem Traum vom einfachen Landleben.

Tipps für deinen Besuch

Anreise: Die Pfaueninsel liegt im Südwesten Berlins, im Bezirk Steglitz-Zehlendorf.

  1. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln: S-Bahn: Fahre mit der S-Bahn (z. B. Linie S1) bis S-Bahnhof Wannsee. Bus: Steige dort in den Bus 218 Richtung „Pfaueninsel“ und fahre bis zur Endhaltestelle „Pfaueninsel“. Fähre: Vom Fähranleger bringt dich eine kleine Fähre in wenigen Minuten auf die Insel. Sie fährt regelmäßig während der Öffnungszeiten.
  2. Mit dem Auto: Ziel ins Navi: „Pfaueninselchaussee, 14109 Berlin“.– Parkplätze stehen in der Nähe des Fähranlegers zur Verfügung (aber begrenzt). Die Pfaueninsel selbst ist autofrei, du erkundest sie zu Fuß und du solltest ausreichend Zeit einplanen.

Besichtigung: Das Schloss kannst du nur in einer Führung besichtigen. Die Teilnehmerzahl ist aus konservatorischen Gründen beschränkt. Tickets kannst du ausschließlich vor Ort im Museumsshop an der Fähranlegestelle erwerben.

Gastronomie: Bitte beachte, dass es auf der Insel keine gastronomischen Einrichtungen gibt. Am Fähranleger auf der Landseite gibt es das Wirtshaus zur Pfaueninsel. Dieses Ausflugslokal bietet in idyllischer Umgebung traditionelle deutsche Küche und hausgemachte Kuchen an. Gäste können sowohl drinnen als auch draußen mit Blick auf die Havel speisen.

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