In diesem Beitrag sind wir auf einer Schlössertour im Oderland unterwegs. Wir waren gespannt! Denn eigentlich wird dieser Landstrich an der Oder nicht mit Schlössern sondern eher mit der Trockenlegung des Oderbruchs durch den preußischen König Friedrich II. in Verbindung gebracht. Klingt eigentlich trocken, oder? Aber schauen wir mal … Preußisch geht es hier allemal zu. Unser Reisezeitraum war im Februar 2019.
Station 1: Schloss Reichenow
Die erste Station war gleich ein Glücksgriff! Bei unserer Ankunft präsentierte sich Schloss Reichenow malerisch in der goldenen Abendsonne und wir fühlten uns sofort willkommen.
Das neugotische Herrenhaus entstand zwischen 1897 und 1900 im englischen Tudorstil. Sein Auftraggeber, August Friedrich von Eckardstein, lies sich für den Wohnsitz seines Sohnes Julius insbesondere von Schloss Babelsberg in Potsdam inspirieren.
Zinnen und Ecktürmchen bekrönen den Bau rundum. Auf der Nordseite steht ein Turm, der bei der Sanierung des Schlosses nach der Wende anhand historischer Fotografien rekonstruiert wurde.
Sowohl zur Eingangs- als auch zur Parkseite springt ein Mittelrisalit mit Altan vor. Während auf der Eingangsseite die gekrümmte Zufahrt in den Altan mündet, ist er auf der Gartenseite als Wintergarten gestaltet. Von dort führt eine Freitreppe direkt in den schönen Park mit See.
Obgleich das Schloss zur DDR-Zeit wie üblich als Schule und für Wohnzwecke genutzt wurde, hat sich die originale Raumaufteilung erhalten, ebenso wie – in Teilen – der neugotische Deckenstuck und die Hauptreppe mit einem imposanten Eisengeländer.
Hinweis: Schloss Reichenow ist heute ein Hotel mit einem öffentlichen Restaurant.
Wir haben zwei Nächte dort verbracht und waren sehr zufrieden. Hervorzuheben sind der familiäre Charakter, die hervorragende Küche und das reichhaltige Frühstücksbüffet. Sehr geeignet als Basis für Erkundungen in der Region des Oderbruchs.
Station 2: Schloss Neuhardenberg
Neuhardenberg ist ein Muss für jeden Besucher im Oderland. Strahlend weiß liegt das klassizistische Schloss im gleichnamigen Ort, der zur DDR-Zeit Marxwalde und ursprünglich Quilitz hieß.
Zwei große Namen sind mit Neuhardenberg verbunden: von Prittwitz und von Hardenberg. Ersterem, Rittmeister Joachim Bernhard von Prittwitz, ist es zu verdanken, dass König Friedrich II. die Schlacht bei Kunersdorf im Siebenjährigen Krieg lebend überstanden hat.
1763, vier Jahre nach der Kunersdorfer Schlacht, bedankt sich der preußische König mit dem Gut in Quilitz im Lebuser Land bei von Prittwitz. Dieser lässt sich dort sofort ein spätbarockes Herrenhaus bauen, dem Vorgängerbau des heutigen Schlosses.
Eigentlich sollte es zweigeschossig werden. Für Friedrich II. ging das trotz aller Dankbarkeit aber zu weit. Also wurde einfacher gebaut. Ein Denkmal hat von Prittwitz seinem König trotzdem in Quilitz errichtet.
Die im Dorf überall sichtbare Kirche ist ein Frühwerk des Baumeisters Karl Friedrich Schinkel. 1801 kam es zu einem verheerenden Brand im Dorf, bei dem auch die alte Kirche vernichtet wurde. Ein Neubau wurde nötig.
Der zweite große Name ist zugleich auch der Namensgeber des Ortes: Staatskanzler Karl August Fürst von Hardenberg, der große preußische Reformator und Diplomat.
In Anerkennung seiner Dienste für Preußen schenkt König Friedrich Wilhelm III. 1814 dem Staatskanzler das Gut in Quilitz, das zuvor von der Prittwitzschen Familie verkauft worden war. Nach dem neuen Gutsherrn erhält Quilitz jetzt den Namen Neu-Hardenberg.
Auf von Hardenberg geht auch der Umbau des barocken Schlosses zurück, für den der Baumeister Schinkel wiederum den Auftrag erhält. Das klassizistische Äußere hat sich im wesentlichen bis heute erhalten. Lediglich das Schinkelsche Flachdach wurde später durch ein Walmdach ersetzt.
Im Schlossensemble von Neuhardenberg gibt es eine Reihe von Ausstellungen, die wir aber leider nicht besuchen konnten. Denn die Saison geht erst wieder Ende März los.
3. Station: Schloss Gusow
Um es gleich vorweg zu nehmen: diese Station auf unserer Schlössertour im Oderland war eine Enttäuschung. Auf den Bildern vielleicht nicht wirklich zu erkennen, aber schon der Vorplatz ist eine einzige Müll- und Schutthalde. Und baulich ist das Gebäude auch nicht im besten Zustand.
Das Haus wird von einem Berliner Ehepaar als Hotel und Restaurant betrieben. Testen konnten wir die Küche nicht, denn wir waren an einem Montag, dem Schließtag, vor Ort. Die Kritiken im Internet sind allerdings überwiegend vernichtend. So haben wir den Schließtag nicht bedauert und sind schnurstracks zu unserer nächsten Station aufgebrochen.
4. Station: Schloss Altranft
Unsere nächste Station lag in Altranft, einem Ortsteil von Bad Freienwalde. Unser Ziel war das dortige Schloss. Für einen Besuch aber auch hier Fehlanzeige: off-season. Also blieb uns nur ein Blick über den Gartenzaun.
Das Schloss beherbergt heute das Oderbruch Museum und wird für diverse Veranstaltungen genutzt. Interessant ist die architektonische Gestaltung, denn das Herrenhaus besteht eigentlich aus zwei Gebäudeteilen. Einem barocken Gebäude mit Walmdach von 1670 und einer 1876 angebauten neobarocken Dreiflügelanlage mit Mansarddach.
Der Anbau geht auf Edwin Graf von Hacke zurück. Die letzten Besitzer waren Carl und Else Eschenbach. Das Ehepaar ging im Februar 1945 vor der heranrückenden Roten Armee in den Freitod.
Bei einem Rundgang durch Altranft sollte man auch bei der schönen (neo)barocken Kirche im Dorfkern vorbeischauen.
Station 5: Schloss Freienwalde
Das ehemalige Hohenzollernschloss in Bad Freienwalde war uns bislang unbekannt und eine schöne Entdeckung auf unserer Schlössertour im Oderland.
Die Unkenntnis mag an der eher unbekannten Bauherrin liegen: Königin Friederike Luise von Preußen. Die Witwe des 1797 im Potsdamer Marmorpalais verstorbenen Königs Friedrich Wilhelm II. läßt sich 1798/99 in Bad Freienwalde von David Gilly den ersten königlichen Villenbau in Preußen errichten. Ein Alterssitz im klassizistischen Stil natürlich.
1909 kaufte Walther Rathenau, Reichsaußenminister in der Weimarer Republik, das Gebäude und verbrachte die Sommermonate dort. Auf ihn geht auch der Anbau des halbrunden Altans, der von dorischen Säulen getragen wird, zurück. Eine Ausstellung im Obergeschoss erinnert heute an den Politiker.
Leider will die Stadt Bad Freienwalde das Schloss loswerden und hat es zum Verkauf ausgeschrieben. Als wir dort fotografierten machte ein Spaziergänger sich Luft. Er war sehr in Sorge, dass das Schloss samt umliegenden Park privatisiert und somit der Öffentlichkeit entzogen werden könnte. Irgendwie konnten wir ihn verstehen.
Und was es sonst noch gab …
Der Kulturhafen war ein Zufallsfund der klassischen Art. Wir waren schon auf dem Heimweg ins Hotel, als uns ein Hinweisschild an der Straße auffiel. Klingt interessant fanden wir. Also bogen wir ab.
Der ehemalige Verladeturm des alten Hafens in Groß Neuendorf sowie das Maschinenhaus wurden zu einem Hotel bzw. Ferienwohnungen umgebaut. Zusätzlich kann man in historischen Eisenbahnwaggons übernachten. Ein Waggon beherbergt sogar ein kleines Theater.
Im Februar war es menschenleer dort, trotzdem sah es vielversprechend aus. Klingt so, als ob wir im Sommer nochmal vorbeischauen müssen …
Fazit: Die Region des Oderbruchs ist ein wunderschöner Landstrich mit viel Natur und Kultur. Wir waren im Februar dort. Wer die absolute Ruhe sucht und auf viel Menschengetümmel verzichten kann, ist zu dieser Jahreszeit hier am besten aufgehoben. Entschleunigung pur!
Montags sollte man allerdings die Kühltasche zur Verpflegung dabei haben, denn fast alle Restaurants sind geschlossen. Nach einigem Suchen haben wir eine Ausnahme in Neuhardenberg gefunden.
Wir kommen trotzdem wieder. Gerade zu dieser Jahreszeit!